zwei Herren prosten sich zu

Saisonbilanz 2024/25

60 Autor:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich an unserer Umfrage beteiligt. Unsere Bilanz zeigt: Es leben die Kleinen!

aus Heft 04/2025 zum Schwerpunkt »Saisonbilanz: 60 Autor:innen haben abgestimmt«

Die Auswertung der knapp 500 Antworten unserer 60 Autor:innen in zehn Kategorien geben einen Überblick über die vergangene Saison und auf Trends in der Theaterszene

1: Gesamtleistung eines großen Hauses

Nennen Sie hier bitte ein Theater (Mehrspartenhaus oder größeres Einspartenhaus), das Sie mit einem künstlerisch ambitionierten Programm beeindruckt hat.

Das Deutsche Schauspielhaus Hamburg hat es nach Meinung unserer Autor:innen auch in der Spielzeit 2024/25 wieder geschafft, ein wahrlich großes Theater zu sein. Vier Nennungen erhält das Haus, „weil Karin Beier ihr Programm an den Schlüsselproblemen der Gegenwart ausrichtet, dabei klassische Stoffe und Stücke mit Stückentwicklungen und Lecture Performances verbindet und kontinuierlich erweitert“, so unsere Kieler Mitarbeiterin Ruth Bender.

Zweiter Gewinner – und wesentlich überraschender – ist das Theater Magdeburg. Hier lobt Michael Laages, dass es „vor allem im Schauspiel konzentriert und kompakt nach zeitgenössischen Texten sucht und sie in Beziehung setzt zu aktuellen und herausfordernden Spielweisen und Regiehandschriften; gern auch spartenübergreifend“. Das Theater kommt auf drei Nennungen und damit auf genauso viele wie die Oper Frankfurt. Allerdings wird das Magdeburger Mehrspartenhaus mit seinem relativ neuen Intendanten Julien Chavaz noch als favorisiertes kleines Haus bei Frage 2 genannt – ob die Zuweisung zu groß oder zu klein ist, ist hier eher eine Frage der Perspektive als der Qualität der Theaterarbeit.

Die Oper Frankfurt mit dem langjährigen Intendanten Bernd Loebe ist nicht nur geografisch ein zentrales Opernhaus Deutschlands und traditionell ein Stammgast unserer Bestenliste. Judith von Sternburg begründet das mit dem „herausragend durchdachten und – das ist wirklich selten – ebenso herausragend umgesetzten Spielplan“. Auffällig ist insgesamt, dass mehr Autor:innen sich nicht für ein großes Haus als Gewinner der Spielzeit entscheiden wollten oder konnten (12 von 60) als bei den kleinen Theatern (9).

2: Gesamtleistung eines kleineren Hauses

Nennen Sie hier bitte ein kleineres Theater (kleineres Stadttheater, Landesbühne, freie Szene, Off-Bühne oder Privattheater), das Sie trotz begrenzter Ressourcen mit einem künstlerisch ambitionierten Programm beeindruckt hat.

Zweiundvierzig Häuser, vom Theater Die Komödianten in Kiel bis zur Volksbühne am Kaulenberg in Halle an der Saale, aber auch wieder das Münchner Metropoltheater, das Theater Konstanz, das St. Pauli Theater oder das Theater Rampe in Stuttgart spiegeln die Fülle der Theaterlandschaft wider. Sie alle sind jeweils einmal genannt von unseren Spezialistinnen und Spezialisten vor Ort. Drei Theater jedoch werden jeweils zweimal genannt: das Landestheater Detmold, das Theater Hagen und das Berliner RambaZamba Theater. Letzteres beschreibt Barbara Behrendt so: „außergewöhnlich lebendiges und diverses Ensemble, immer wieder am Start mit inspirierenden Regisseur:innen“.

Mit drei Nennungen ist das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau eindeutiger Sieger der Kategorie, über alle Sparten hinweg. Volker Tzschucke rühmt das von Daniel Morgenroth geleitete Theater „mit ambitioniertem Spielplan, Festivalbetrieb und den stetigen Bemühungen, sich die Stadtgesellschaft(en) über immersive Produktionen an externen Spielstätten zu erschließen“. Konkret beschreibt Karolin Berg in ihrer Erwähnung des Theaters in der Kategorie Bühne die immersive Inszenierung „Gatsby!“: „Kein Fake, sondern Immersion – das Eintauchen in eine Umgebung, das Verschmelzen mit ihr und Grenzen verschwimmen lassen: Auf dem ehemaligen KEMA-Fabrikgelände baut das Theater Görlitz innerhalb von sieben Monaten die Welten von F. Scott Fitzgeralds ‚Gatsby‘ nach. Frei begeh-, erkundbar und haptisch, sinnlich erspürbar für das Publikum sind hier die 1920er-Jahre des aufsteigenden Amerika. Auf 4000 Quadratmetern bewegen sich alle durch das mehrstöckige Areal komplett frei. Eine konzeptionelle und handwerkliche Großleistung.“

3: Besondere künstlerische Leistung im Schauspiel

Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das mit Darstellung, Inszenierung oder innovativen Ideen die Sparte Schauspiel bereichert hat.

Wie oben beschrieben, geht der Trend insgesamt eher weg von Einzel- oder gar Großkünstlern. Und auch ein wenig weg vom Schauspiel insgesamt? Jedenfalls fehlte in der letzten Spielzeit eine strahlende Inszenierung, wie es im Vorjahr Roland Schimmelpfennigs „Anthropolis“ in Karin Beiers Regie und mit der herausragenden Schauspielerin Lina Beckmann gewesen ist. Und so fällt denn selbst einigen Schauspielkritiker:innen in dieser Saison keine Lieblingsinszenierung ein.

Mit zwei Nennungen sind die drei auffälligsten Regisseur:innen die zwei Altmeister Frank Castorf und Armin Petras sowie die Belgierin Lies Pauwels. In ihrer Shakespeare-Inszenierung „Was ihr wollt“ an den Münchner Kammerspielen lobt Anne Fritsch die menschliche Tiefe dieser Regiearbeit: „Lies Pauwels gelingt es zauberhaft, die Menschen unter den schrillen Fassaden erlebbar zu machen. Das, worum es ihnen geht, was sie sich wünschen und worunter sie leiden.“

Frank Castorf und Armin Petras sind für unterschiedliche Inszenierungen genannt. Zum Cottbuser „Hamlet“ von Petras kommt allerdings noch eine weitere Nennung als spartenübergreifende Inszenierung hinzu, sodass der seit über 30 Jahren rastlose Autor und Regisseur der heimliche Gewinner unter den Regisseur:innen ist. Castorfs Inszenierung von „Dantons Tod“ am Staatsschauspiel Dresden taucht hingegen auch in den Kategorien Bühne wie Video noch einmal auf, womit die Inszenierung der heimliche Gewinner im Schauspiel ist. Die siebenstündige Produktion appelliere, so Michael Kaminski, „in genialer Weise an den Masochismus des Publikums“.

4: Besondere künstlerische Leistung im Musiktheater

Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das mit Darstellung, Inszenierung oder innovativen Ideen die Sparte Musiktheater bereichert hat.

Auch im Musiktheater der zu Ende gegangenen Spielzeit dominiert die Diversität in Gestalt einmaliger Nennungen. Und es gibt auffällig viele Würdigungen für Dirigate, die Inszenierung ist nicht mehr alleiniges Maß der Dinge. Ersichtlich ist auch, dass unsere Kritiker:innen sich weniger für Opernklassiker begeistern, obwohl sie nach wie vor die Spielpläne dominieren und das größte Publikum anziehen.

Doch hier steht die 2021 uraufgeführte Oper „Innocence“ von Kaija Saariaho mit drei Nennungen an der Spitze, zweimal für die Inszenierung von Elisabeth Stöppler am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen und einmal für Lorenzo Fioronis Regie an der Semperoper Dresden. Eine Nennung für Gelsenkirchen lobt ausdrücklich das Libretto von Aleksi Barrière und die Sängerin Erika Hammarberg. Das ist vermutlich kein Misstrauensvotum gegenüber der Regie, sondern ein Zeichen dafür, dass Theaterkritiker:innen Inszenierungen zunehmend als Gemeinschaftswerk begreifen.

Doppelt genannt ist die Hannoveraner Uraufführung von „Echo 72. Israel in München“, einmal für Lydia Steiers Regie und Flurin Borg Madsens Bühne und einmal für das gesamte Ensemble. Zwei Nennungen gibt es auch für Regisseur Kay Metzger und Dirigent Felix Bender bei der Ulmer Opernausgrabung „Le petit pauvre d’Assise“ des 1939 verstorbenen Charles Tournemire. Ein großer Erfolg für das kleine Mehrspartenhaus.

Florentina Holzinger gehört durch die Inszenierungen „Sancta“ und „A Year Without Summer“ mit ebenfalls zwei Erwähnungen auch zu den Gewinner:innen im Musiktheater. Zusammen mit Nennungen in anderen Kategorien ist Holzingers spartenübergreifende Arbeit (zusammen mit dem Bausch-Revival am Wuppertaler Tanztheater) die überragende der Saison (siehe oben). Dabei hatte „Sancta“ bereits im Mai 2024 erste Premiere in Schwerin, wurde im Lauf der Spielzeit allerdings, mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit in Stuttgart, mehrfach wieder aufgenommen. Auch die Regisseurin Kerstin Steeb wird von unseren freien Mitarbeiter:innen zweimal lobend erwähnt, einmal für den Klassiker „La traviata“ am Theater Lüneburg. Ulrike Hartung begründet ihr Urteil: „Trotz begrenzter Mittel eines der kleinsten Häuser zeigt sich hier, wie feministisches Opernmachen aussehen und was es leisten kann: mit einem hinreißenden empowerten Ensemble (…) erfuhr man den Repertoireklassiker so zeitgemäß und sinnlich wie nie.“

5: Besondere künstlerische Leistung im Ballett/Tanz

Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das mit Darstellung, Choreografe oder innovativen Ideen die Sparte Ballett/Tanz bereichert hat.

Im Tanz – und das ist schon eine Überraschung und in der Form auch neu in unserer Umfrage – gibt es, wie in der Einleitung bereits beschrieben, eine überragende Produktion: „Kontakthof – Echoes of ’78“ ist die Wiederaufnahme einer Choreografie Pina Bauschs von 1978. Von Meryl Tankard wurde dieses Schlüsselwerk des Tanztheaters teils mit den damaligen Tänzer:innen und mit digitalen Filmeinspielungen damaliger Aufnahmen neu auf die Bühne gebracht. Martin Krumbholz beschreibt dieses bemerkenswerte Comeback so: „Bausch ironisiert leichthändig den Schlagerschmelz der Zwischenkriegszeit und nimmt die darin enthaltene Sehnsucht dennoch ernst. Das Revival, das immerhin 9 von 20 Performer:innen der ursprünglich gemischtnationalen Besetzung aufbietet, ist ein ungewöhnlich berührendes Ereignis, das an die Vergänglichkeit ebenso erinnert wie an Schönheit und Schmerz, Geschick und Ungeschick im Umgang der Geschlechter.“ Eric Zielke bewundert, wie hier „ein Beitrag zum Diskurs über die Geschichte des (Tanz-)Theaters“ zum „Psychogramm der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft“ wird.

Mit der Nennung von Bausch und Tankard erhält diese Inszenierung drei Nennungen, plus eine in der Kategorie Spartenübergreifendes und eine für Video. Hinzu kommen aber noch der Repertoireklassiker „Die sieben Todsünden“ von Pina Bausch, die Rekonstruktion von Bauschs „Adagio“ sowie „alles vom Tanztheater Wuppertal“. Clara Hütterott ist überzeugt: „Pinas Geschichten sind noch lange nicht auserzählt, hoffen wir, dass ihnen die gebührende Bühne gegeben wird.“

Jenseits dieses Ausreißers nach oben mit für den Tanz ungewöhnlich vielen Nennungen finden sich jeweils zwei Nennungen für Doris Uhlichs „Habitat“ (einmal in Wiesbaden, einmal in Herrenhausen), Goyo Montero am Staatstheater Nürnberg sowie Gauthier Dance am Theaterhaus Stuttgart.

6: Besondere künstlerische Leistung im Kinder- und Jugendtheater oder Figurentheater

Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das mit Darstellung, Inszenierung oder innovativen Ideen das Kinder- und Jugendtheater oder das Figurentheater bereichert hat.

Die Kategorie Junges Theater ist bunt, und sie erfreut sich auch unter professionellen Zuschauer:innen steigender Beliebtheit. Auch hier finden sich in diesem Jahr keine mehrfach genannten Künstler:innen oder Produktionen. Dennoch ragen einige Theater, die sich, ob als eigenes Haus oder als eigenständige Sparte, in einem größeren Theater ausschließlich dem jungen Publikum widmen, ein wenig heraus: Das Junge Schauspielhaus Hamburg, das Junge Schauspiel Düsseldorf, das Staatstheater Hannover, die Schauburg München, das GRIPS Theater in Berlin und das Junge Ensemble Stuttgart (JES) sind jeweils zweimal genannt.

Zu Letzterem merkt Manfred Jahnke an: „Mit vielen neuen performativen Formaten überzeugt das JES. Sei es in tänzerischer Form oder gar als Musical, sei es mit diskursiven oder partizipativen Formaten. Das JES unter Grete Pagan überrascht sein Publikum immer wieder, öffnet sich für neue Sehweisen und gibt auch jungen Menschen viel Raum, um mit ihnen Projekte zu entwickeln.“ Am Jungen Schauspiel Düsseldorf lobt Julia Plaschke anlässlich von Robert Gerloffs Inszenierung von „Emil und die Detektive“ schlicht: „Mit Inszenierungen wie dieser macht man Kindern Lust auf Theater.“

7: Spartenübergreifende Formate

Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das durch eine spartenübergreifende Inszenierung das Theater bereichert hat. Das kann ein Projekt sein, das die traditionellen Mittel der Sparte überschritten hat, es kann eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen eines Hauses oder mehreren Theatern sein, es kann analoge oder digitale Elemente umfassen.

In dieser per se diversen Kategorie tauchen – wenig verwunderlich – regelmäßig Produktionen auf, die von Beobachter:innen in anderen Sparten verortet werden. Umso bemerkenswerter ist, dass Florentina Holzinger und ihr Ensemble mit „Sancta“ (siehe oben bei Musiktheater) auf starke vier Nennungen alleine in dieser Kategorie kommen. Anna Opel hält „Sancta“ für eine „radikale und zugleich maßvolle Interpretation der gleichnamigen Oper aus der feministischen Perspektive“. Ulrike Hartung findet „jenseits aller Skandalisierung“ viel Verbindendes zwischen Holzingers Performance und der Oper: „Opulenz, Multisensorik, Drastik, Überwältigungsästhetik.“ Die extreme Sinnlichkeit von Holzingers Theater ist umstritten – und macht es zu einem schon sehr besonderen in der eher von Konzepten und Worten bestimmten deutschen Theaterlandschaft.

Während Holzinger eindeutig treibende Kraft eines starken Ensembles ist, fällt bei der zweiten in dieser Sparte herausstechenden Produktion auf, dass sie von einem Team von zusammenarbeitenden Spezialist:innen zusammengefügt wurde. Jacques Offenbachs Opéra fantastique „Hoffmanns Erzählungen“ an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf/Duisburg erhielt zwei Nennungen: Beteiligt sind daran die Choreografin Nanine Linning, das multimedial agierende Kollektiv 1927, der Puppenspieler Neville John Tranter und der Regisseur Tobias Ribitzki. Judith von Sternburg resümiert: „Vier prononcierte Handschriften, mit raffinierten Trickfilmspielereien, Puppen und einer Choreografin, die den kompletten Opernchor zum Tanzen bringt.“

8: Bühne/Kostüme/Video- und Sounddesign

Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das Sie in den Bereichen Bühnen- oder Kostümbild, Video- oder Sounddesign besonders beeindruckt hat. Hier sind keine Streams, sondern Liveproduktionen zu nennen!

Auch diese Kategorie erfreut sich unverkennbar eines gestiegenen Interesses unserer Kritiker:innen. Fast niemand wollte uns da eine Antwort schuldig bleiben. Auf zwei Nennungen kommen Ersan Mondtag mit der Bühne „Der Schmied von Gent“ am Nationaltheater Mannheim und Karoly Risz mit der Bühne für „Der Komet“ am Staatsschauspiel Dresden.

Drei Nennungen gehen auf Aleksandar Denić’ Castorf-Bühnenuniversen am Burgtheater, am Berliner Ensemble und am Staatsschauspiel Dresden. Und gleichauf mit Denić ist Jeremy Herbert Gewinner im Raum, davon zweimal für „Die dunkle Seite des Mondes“ an der Staatsoper Hamburg. Sören Ingwersen erkennt in dieser Bühne „berückende Bilder für den Zerfall der Welt des Physikers Dr. Kieron“.

Kostümbilder sind weniger genannt; doch auch hier taucht Florentina Holzinger auf. Hannah Schmidt sah in „A Year Without Summer“ an der Berliner Volksbühne „die nackten Körper der Darstellerinnen als kunst- und lustvoll inszeniertes Antikostüm“.

9: Innovatives Digitalexperiment

Nennen Sie hier bitte ein Theater, eine freie Gruppe oder eine Produktion, die mit neuen Formaten des Digitaltheaters experimentiert hat. Das kann die Nutzung von VR oder KI auf der Bühne sein und/oder immersive, digital gestützte Formate.

„Kontakthof“ vom Tanztheater Wuppertal heimst in dieser – in der Form neuen – Kategorie eine weitere Nennung ein. Insgesamt wiederholt sich bei diesen 35 Nennungen keine Produktion, dennoch ist gerade hier ein Blick auf unsere Sammlung aller gut 500 Antworten zur Umfrage auf den kurz gefassten Nennungen von Seite 56 bis 61 sinnvoll. Die Lektüre der Spalte 9 gibt einen anregenden Überblick über neue Namen – und auf alte Recken. 

So taucht der im Schauspiel nach wie vor geschätzte Frank Castorf, und über seinen Bühnenbildner Aleksandar Denić in der Kategorie Bühne indirekt genannt für „Dantons Tod“ am Staatsschauspiel Dresden, auch hier wieder auf. Joachim Lange schreibt dazu: „Er ist kein Neuling auf dem Gebiet, sondern eher der Erfinder des live produzierten Videoeinsatzes: Frank Castorf hat diese spezielle Technik mittlerweile zur Perfektion getrieben. Seine jüngste Inszenierung von ‚Dantons Tod‘ am Staatsschauspiel Dresden liefert mit den Teams an der Live-kamera und beim Liveschnitt Referenzniveau!“

10: Größter Erregungsmoment der Spielzeit

Nennen Sie hier bitte Ihren persönlichen Erregungsmoment der vergangenen Spielzeit, der sowohl negativ als auch positiv sein kann.

Gut ein Drittel aller Beteiligten erregen sich über die Kulturpolitik. Primär über die geplanten oder schon vollzogenen Einsparungen im Theateretat. Im Mittelpunkt steht dabei wegen der Vorbildfunktion der Hauptstadt, aber auch wegen des massiven Ausmaßes der Einsparungen, die Berliner Kulturpolitik. Einige unserer Autor:innen machen die Misere am längst zurückgetretenen Kultursenator Joe Chialo fest. Für Volker Oesterreich, ehemals in Berlin tätig, nun Feuilletonchef der Rhein-Neckar-Zeitung in Heidelberg, gibt die Hauptstadt jedenfalls „ein schlechtes Beispiel ab für andere Kommunen“.

Eine große Rolle spielt hier auch die Krise am Hamburg Ballett. Und zwar schon vor dem inzwischen erfolgten Rücktritt Demis Volpis als letztlich gescheitertem Nachfolger von John Neumeier. Melanie Suchy sieht in Wuppertal wie Hamburg „das Scheitern am Erbe“, rät aber auch ganz nüchtern: „Die Zeiten der schweigenden Tänzer:innen sind vorbei (und sollten es sein), sie stellen Ansprüche. Wer mit ihnen und dazu noch mit Verwaltungsleuten, Erben, Politik und wem auch immer nicht souverän, also angstfrei und nicht seifig, kommunizieren kann, sollte sich Profi-Unterstützung holen oder sich vorher gut schulen lassen – oder solche Posten nicht antreten.“

 

Dieser Artikel ist erschienen in Heft 4/2025 der Deutschen Bühne.