Evgueniy Alexiev in "Berlin Alexanderplatz" am Theater Bielefeld, Gewinner der Kategorie Spartenübergreifende Formate.

Saisonbilanz 2022/23

54 Autor:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich an unserer Umfrage beteiligt. Unsere Bilanz der Spielzeit zeigt eine Tendenz zu spartenübergreifenden Formaten.

aus Heft 08/2023 zum Schwerpunkt »Saisonbilanz 2022/23«

54 Autor:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich an unserer Umfrage beteiligt. Damit bietet sie eine umfassende Bilanz der Spielzeit. Insgesamt wird eine Tendenz zu spartenübergreifenden Formaten deutlich. Hier die Ergebnisse mit den Gesamtsiegern Bühnen Frankfurt, Staatstheater Stuttgart und Staatstheater Nürnberg.

1. Gesamtleistung: Großes Haus

Drei Häuser erreichen jeweils drei Nennungen und führen damit die Wertung bei der ersten Frage an: Die Oper Frankfurt und das Schauspiel Stuttgart liegen noch einen Hauch vor dem Mehrspartenhaus Staatstheater Nürnberg, da die Schwestersparte in Frankfurt (Schauspiel) und Stuttgart (Staatsoper) noch jeweils einmal genannt sind. Die Oper Frankfurt ist seit vielen Jahren ein fester Bekannter in unserer Umfrage, Joachim Lange bescheinigt „ein anhaltend hohes Niveau an szenischer und musikalischer Qualität“. Für das Schauspiel Stuttgart stellt Adrienne Braun fest: „… aktuelle Themen, interessante Formate und der stete Versuch, ein offenes Haus für alle zu sein“. Und Manfred Jahnke findet dort bemerkenswert, „welch spannender Spielplan wieder gelungen ist, welche kreativen Menschen hier zusammenkommen. Darüber hinaus beeindruckt, dass der Spielplan eingebunden ist in ein vertieftes Beiprogramm mit Podiumsdiskussionen, Workshops, Lesungen und politisches Engagement“ und vom Publikum auch noch gut angenommen werde. In Nürnberg beobachtet Christian Muggenthaler einen „Tanker, der seiner Linie – Qualität, Qualität und noch mal Qualität – treu bleibt und zugleich permanent neue Gefilde erkundet. Ein Garant für Entdeckungsfahrten“.

Mit zwei Nennungen sind auch noch zu erwähnen das Deutsche Schauspielhaus Hamburg, das Staatstheater Braunschweig, das Anhaltische Theater Dessau, die Komische Oper Berlin, das Theater Basel sowie das Residenztheater München.

2. Gesamtleistung: Kleines Haus

An der Spitze steht das Theater Regensburg mit beachtlichen drei Nennungen. Florian Welles Kommentar dazu: „Ein Theater, das berührt und verzaubert. Das Angebot ist nicht niederschwellig, bietet aber auch kein enervierendes Diskurstheater, das sich selbst genügt.“

Mit jeweils zwei Nennungen folgen Theater, die ob ihrer Verschiedenheit für eine bunte, in alle Ecken des Landes reichende Theaterlandschaft stehen: das Theater Lübeck, das Landestheater Detmold, das Theater an der Rott in Eggenfelden, das Theater Konstanz und das Theater RambaZamba in Berlin. Mit der Oper Dortmund und dem Staatstheater Meiningen sind übrigens zwei Häuser jeweils sowohl als überzeugendes großes Haus wie als starkes kleines Haus genannt; auch sie sollten hier erwähnt sein, da wir die Aufteilung in unterschiedliche Bereiche ja nicht zum Selbstzweck betreiben wollen.

Gesamtleistung und führende Theaterstädte

Hier wollen wir die beiden vorangegangenen Fragen zur Gesamtleistung noch einmal weiter fassen. Wenn wir also bei den Antworten zu den folgenden Fragen weitere positive Erwähnungen der Häuser hinzuzählen, kommen die Mehrspartentheater in Frankfurt, Stuttgart und Nürnberg jeweils auf zehn Nennungen, gefolgt von zwei Schauspielhäusern, dem Deutschen Schauspielhaus in Hamburg und dem Deutschen Theater Berlin mit jeweils acht Nennungen. Danach folgen das Theater Basel mit sieben, das Staatstheater Braunschweig und die Komische Oper in Berlin mit sechs Nennungen. Bei den kleineren Häusern erreichen Regensburg und Konstanz fünf und Lübeck drei beachtliche Gesamtnennungen.

3. Schauspiel

Die meistgelobte Inszenierung im Schauspiel ist Thorsten Lensings „Verrückt nach Trost“, eine große Koproduktion zwischen Salzburger Festspielen und zahlreichen Partnern in Berlin, Münster, Luxemburg, Hamburg, Chur, Düsseldorf und Frankfurt am Main. Tobias Hell lobt die Inszenierung als „eine Liebeserklärung des Autors/Regisseurs an sein großartiges Ensemble“ und nennt dann noch deren Namen: Ursina Lardi, Devid Striesow, André Jung und Sebastian Blomberg. Letzterer ist ausdrücklich als Hauptadressat des Lobs bei einer der Nennungen genannt. Bezeichnend für die große Bedeutung, die unsere Autor:innen den Spieler:innen zumessen, ist auch dieser Kommentar von Erik Zielke über Lilith Stangenberg in der Skandalproduktion „Sardanapal“ an der Volksbühne: „In einer krisenbehafteten Produktion mit einem exzentrischen Hauptdarsteller, der sich der Bühne verweigert hat, und einem exzentrischen Regisseur und Schauspieler, der sich seiner Eitelkeit hingibt, ist Lilith Stangenbergs sanfte und zurückhaltende Darstellung ein Lichtblick.“

Zweimal genannt ist Andrea Breths Collage „Ich hab die Nacht geträumet“ am Berliner Ensemble. Der Rest sind zahlreiche Einzelnennungen. Dabei fallen jedoch die dreifach (mit verschiedenen Stücken) genannte Dramatikerin Sivan Ben Yishai und der Regisseur Christopher Rüping auf. Rüping bzw. seine Produktionen erhalten auch eine Nennung unter „Spartenübergreifende Formate“ und vier Nennungen unter Bühne/Kostüme/Video/Sound. Björn Hayer beschreibt Rüpings „Gier“ am Zürcher Schauspielhaus als „eine berührende Vermessung unserer Einsamkeit und Ängste“. Und Ben Yishai wird für ihren Prolog der „Nora“-Umschreibung an den Münchner Kammerspielen von Petra Mostbacher-Dix folgendermaßen gelobt: „Neue, bewegende Perspektiven auf ein altes Thema, das in diesen Zeiten wieder einmal höchst aktuell ist – und längst noch nicht ausgelotet.“ Der Autor Thomas Köck taucht in der gesamten Umfrage gar viermal auf, zwar nur einmal mit „keeping up with the penthesileas“ am Zürcher Neumarkt-Theater im Schauspiel, gemeinsam mit Mateja Meded geschrieben und inszeniert, jedoch sogar zweimal mit der spartenübergreifenden Textgrundlage „vendetta vendetta“ (siehe unten). Drama gibt’s also längst nicht mehr nur im Schauspiel.

4. Musiktheater

Mit zwei Nennungen wird eine Produktion aus der freien Szene Gewinner im Musiktheater: „Faust“ am Allee Theater Hamburg/Kammeroper Hamburg. Sören Ingwersen schreibt: „Der spanische Regisseur Alfonso Romero Mora wirft einen ebenso humorvollen wie scharfsinnigen Blick auf Gounods ‚Faust‘-Oper, deren Geschichte er ganz neu, schlüssig und herrlich übermütig erzählt.“ Dagmar Ellen Fischer ergänzt: „Selbstbewusst und frech jongliert Mora mit originellen Einfällen, dennoch ist in jedem Moment seine Wertschätzung für das Werk spürbar.“

Ansonsten findet sich eine große Breite der Nennungen zwischen Historienoper, klug und sensibel mit neuen Geschlechterrollen ausgestatteter „Arabella“ und digitalem Experiment. Dorte Lena Eilers lobt „die Erweiterung des Gesamtkunstwerks Oper in den digitalen Raum“ durch „opera – a future game“ von Michael v. zur Mühlen mit Musik von Ole Hübner und Texten von Thomas Köck. Sie beschreibt: „Die Zuschauer:in streift durch die virtuelle Architektur eines zerfallenen Opernhauses, während der Chor begonnen hat, zu revoltieren. Hier wird die Entgrenzung, die dem Genre Oper von jeher innewohnt, erlebbar gemacht – intellektuell komplex, ästhetisch stark und in seinem verstörenden Setting Antworten einfordernd auf die Frage, wohin es mit unserer Welt zwischen Verleugnung und Katastrophe gehen soll.“ Die Antworten zeigen: Die Oper ist längst nicht mehr nur wohlmusiziertes Stehtheater. Eine Kon­stante in unserer Umfrage bleibt nur Barrie Kosky, der mit zwei Inszenierungen genannt ist.

5. Ballett/Tanz

Wie schon im letzten Jahr dominiert – ist dieses Wort für ihre feministische Ästhetik angemessen? – Florentina Holzinger die Nennungen im Bereich Tanz. Dreimal ist „Ophelia’s Got Talent“ von der Volksbühne genannt. Dazu schreibt Antonia Ruhl: „Wie immer risikoreich und nicht nur körperliche Grenzen überschreitend – gleichzeitig wird performativ eine äußerst umfassende Kulturgeschichte der Beziehung zwischen Weiblichkeit und dem Topos Wasser geschrieben.“ Anna Opel sieht in der Produktion „große Kunst, auch in der Vermischung aller Genres zugunsten einer Auseinandersetzung mit dem Thema Mythen rund um Frauen und Wasser. Das ist künstlerisch originell und gewagt“.

Während Holzinger ja nicht im klassischen Ballett arbeitet, sondern mit der Volksbühne an einem Schauspielhaus mit Sinn fürs Performative, gehört Shale Wagman zur Compagnie des Bayerischen Staatsballetts. Er kommt auf zwei Nennungen, in unterschiedlichen Choreografien. Vesna Mlakar lobt den Tänzer: „Als ungemein starke Tänzerpersönlichkeit mit erst 23 Jahren performt Wagman in einer seltenen, perfekten Mischung aus Natürlichkeit und Artifizialität.“ Zweimal genannt ist auch, wie im Vorjahr, der Nürnberger Tanzchef Goyo Montero. Roland Dippel kommentiert: „Tanz bis zur physischen Erschöpfung des Ensembles bei psychischer Höchstspannung des Publikums. In Monteros Intellektualität steckt immer auch eine starke sinnliche Energie.“

6. Junges Theater und Figurentheater

Die Kategorie ist sehr divers und dementsprechend in den Antworten bunt gemixt. Da finden sich Figurentheater für unterschiedliche Altersgruppen, Kinder- oder Jugendopern, Schauspielklassiker mit jungen Darsteller:innen oder das neue Kindertheaterstück eines renommierten Autors sowie Stadtkollektive oder Festivals. Beispielsweise das „Kuckuck Theaterfestival für Anfänge(r)“ in München. Daran war das Jugendtheater der Stadt, die Schauburg, beteiligt. Und dieses Festival eingeschlossen erreicht nur die Schauburg Mehrfachnennungen, insgesamt drei. Hinzu kommt noch eine Nennung der Inszenierung „Erik*a“ unter „Spartenübergreifendem Theater“. Christian Muggenthaler bescheinigt der Inszenierung, „in vielerlei Hinsicht vielschichtig“ zu sein. Und Anne Fritsch lobt eine andere Produktion an der Schauburg, „Tiere im Hotel“, inszeniert von Marcelo Diaz, mit einer ähnlichen Einordnung: „Wie menschlich sind diese Tiere, deren Temperamente hier aufeinanderprallen, wie zickig, wie empfindlich, wie aufbrausend! Dieses Stück ist eine großartige Farce über das sinnlose Streben nach Ordnung und Einordnung. Für Kinder. Und alle anderen.“ Gutes Kindertheater ist eben für alle gut. Das beschreibt auch Joachim Lange anlässlich seiner favorisierten Inszenierung im neuen theater Halle: „Mit ihrer Studio-Inszenierung von Ferdinand Bruckners ‚Krankheit der Jugend‘ lieferten Henriette Hörnigk und Lisett Ansorge ein mitreißendes Beispiel für Theater von und mit jungen Leuten, nicht nur für junge Leute.“

7. Spartenübergreifende Formate

Spartenübergreifend geht es weiter, nun in einer eigenen Kategorie für alle Sparten und Produktionen. Ich bin überrascht, wie zahlreich die Antworten in dieser neuen Frage bereits in diesem Jahr ausfallen. Das Spartenübergreifende ist längst mehr als eine Nische der Mehrspartentheater, wo man einmal im Jahr seine traditionelle Arbeitszone verlässt. Es prägt, wie wir gerade erst im Schwerpunkt Spartensprenger (DdB 6/23) untersucht haben, die Theaterarbeit innerhalb der Sparten. Auch in dieser Umfrage sind die Zuordnungen zu den Sparten nicht mehr so eindeutig wie noch vor Jahren. Opern könnten auch im Digitalen auftauchen oder eben im Spartenübergreifenden.

Einer der beiden Gewinner der Kategorie ist auch eine Opernuraufführung, die Oper „Berlin Alexanderplatz“ am Theater Bielefeld. Während Hannah Schmidt namentlich das Inszenierungsteam nennt, fokussiert sich Detlef Brandenburg auf die beiden Komponisten: „Manchmal kommt das spartenübergreifende Theater ja doch ein bisschen sperrig daher – hier aber ganz im Gegenteil mit dem Drive eines geschickt gemachten Avantgarde-Musicals.“ Auch er beschreibt am Ende die Inszenierung, das Aufführungsereignis: „Das ist publikumswirksames Musiktheater mit allem, was so ein Dreispartenhaus nur hergibt.“

Die andere zweifach genannte Produktion verbindet auf Basis eines Texts von Thomas Köck die Sparten des bereits genannten Staatstheaters Nürnberg, sie ist von seinem Schauspieldirektor Jan Philipp Gloger inszeniert. In „vendetta vendetta“ geht es um das Motiv der Rache: Kleists Michael Kohlhaas trifft, so berichtet Florian Welle, auf „Mozarts Königin der Nacht und Verdis ‚Rigoletto‘ auf John Crankos Ballett ‚Onegin‘. Man merkt allen Beteiligten den Spaß an der Zusammenarbeit mit den anderen Sparten an. So kann das Miteinander aller Sparten aussehen, gerne mehr!“ Übrigens: Der Autor Thomas Köck taucht nicht nur an dieser Stelle auf, er wird auch bei einer Schauspielproduktion und einmal mit einem weiteren Stück bei der nun folgenden Frage genannt.

8. Bühne / Kostüme / Video / Sound

Auch in dieser Kategorie ist durch die Erweiterung auf Video und Sound eine große Dynamik entstanden. Das zeigt sich in der hohen Anzahl von Nennungen und Kommentaren – kaum ein:e Autor:in fühlt sich hier nicht mehr zuständig oder sieht in diesen Bühnenmitteln lediglich dekoratives Beiwerk –, und in meinem subjektiven Eindruck, dass hier wie auch bei den Antworten beim jungen Theater und den spartenübergreifenden Formaten eher mehr Begeisterung aus den Kommentaren herauszulesen ist als in den traditionellen Sparten Schauspiel, Musiktheater, Tanz.

Klarer Gewinner in dieser Kategorie ist das Zürcher Schauspielhaus mit dreimal zwei Nennungen: „Gier“, Regie Christopher Rüping, Peter Baurs Bühne für eine weitere Rüping-Inszenierung, „Border“, sowie die Jelinek-Uraufführung „Sonne, los jetzt!“ in Nicolas Stemanns Regie.

Bettina Schulte lobt Peter Baurs Bühne: „Man staunt einfach, wie (ver-)wandlungsfähig ein theatraler Raum sein kann.“ Und Jasmin Goll beschreibt das Gesamtkunstwerk in „Gier“: „Der Härte der Thematik (toxische Beziehungen) stellt Chris­topher Rüping ein Streichertrio mit Live-Elektronik entgegen. Die Musik und das Sounddesign von Christoph Hart federt diese nicht nur poetisch ab. Vielmehr erhält man selbst Neueinsichten auf bekannte Popsongs, die durch die Thematik in ein verblüffend neues Licht geraten (ganz besonders Britney Spears’ ,Toxic‘). Das übergroße Live-Video mit Wiebke Mollenhauer (grandios) im Close-up hat eine solche emotionale Präsenz, Intensität und Kraft, der man sich nicht entziehen kann.“

Zwei Nennungen erhält auch Nina Peller für ihre Bühne von „Caesar“ am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg: „Ein Bühnenbild, das der Verführungskraft von Macht und Populismus optimal Raum gibt“, schreibt Nicolas Garz. Der bühnenbildnerische Regisseur Sebastian Hartmann ist mit zwei verschiedenen Inszenierungen genannt. Mit „Vernichten“ am Staatsschauspiel Dresden und mit „Der Einzige und sein Eigentum“ am Deutschen Theater Berlin. Hierzu bemerkt Petra Paterno kurz und bündig: „Die Musik von PC Nackt ist umwerfend, die 3-D-Animation einzigartig.“

9. Sich öffnendes Haus

Bei dieser Frage untersuchen wir einen Trend, der bei einer Autorin zum spöttischen Vorspann führte: „Tun das nicht alle?“ Ich würde sagen, in der Intensität und dem Erfolg der Bemühungen gibt es dann doch Unterschiede. Mit jeweils drei Nennungen liegen das Theater Basel und das Nationaltheater Mannheim vorne. Letzteres macht, so Konstanze Führlbeck, bei den Übergangsspielstätten aller Sparten „aus der Not eine Tugend und passt seine Konzeptionen intelligent an die umbaubedingten Ausweichspielorte an, spricht damit auch neue – jüngere – Publikumsschichten an“. Das Theater Basel hingegen macht Ernst mit dem Offenen Foyer: „Ein Blick über die Landesgrenzen kann nicht schaden: In Basel hat das Theater nicht nur abends seine Pforten geöffnet, sondern sein ‚Foyer Public‘ den ganzen Tag über als ein städtisches Wohnzimmer eingerichtet, das auch als Anlaufstelle für theatrale Aktion aller Art dient. Nachahmenswert“, findet Hartmut Regitz.

10. Erregungsmoment der Saison

Zu dieser Frage außerhalb der kühl-analytischen Reihe und ihrem fragwürdigen „Gewinner“ habe ich bereits in der Einleitung auf Seite 44 ausführlich die Antworten zusammengefasst. Doch auch die seltener genannten Aufreger der Saison bieten in der Übersicht eine Art Zusammenfassung wichtiger, teilweise schon wieder vergessener Skandale und Seltsamkeiten, die das Geschehen der Spielzeit begleiteten. Zum Ausklang seien einige von ihnen hier unkommentiert aufgereiht:

„Die Abschaffung des Stückemarkts beim Berliner Theatertreffen.“
Volker Oesterreich

„Die größten Erregungsmomente und Tragödien, von Kriegen bis Klimakatastrophe, finden mehr denn je außerhalb des Theaters statt.“
Christina Kaindl-Hönig

„Wie Adewale Teodros Adebisi in Weimar mit ‚Othello‘ alle Fragen der Repräsentation gegeneinander ausspielte oder besser: durch Hintergehen der Erwartungen zerstäubte, war politisches Theater auf der Höhe der Zeit.“
Tobias Prüwer

„,Das Erbe‘ von Nuran David Calis an den Münchner Kammerspielen oder: Die Rückkehr des platten Belehrungstheaters.“
Wolfgang Reitzammer

„Absetzung des Stücks ,Vögel‘ von Wajdi Mouawad im Metropoltheater München.“
Cordula Treml

„Der Schauspieler Florian Teichtmeister hortete seit vielen Jahren sexuelle Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger, angeblich war das als Gerücht in der Branche weithin bekannt – und niemand wagte es, dem nachzugehen, offenbar geblendet von Teichtmeisters Erfolg.“
Petra Paterno

„Wenn man als Sachse im Schwarzwald zur Personalpolitik am Schauspiel Leipzig befragt wird, weiß man, dass Theater vor und hinter den Kulissen weiter die Menschen erregt …“
Volker Tzschucke

„Die Gleichzeitigkeit von Rückkehr und Nicht-Rückkehr des Publikums.“
Anne Fritsch

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Hier die zehn Fragen, die 54 unserer freien Autor:innen beantwortet haben:

1 Gesamtleistung eines großen Hauses: Nennen Sie hier bitte ein Theater (Mehrspartenhaus oder größeres Einspartenhaus), das Sie mit einem künstlerisch ambitionierten Programm beeindruckt hat.

2 Gesamtleistung eines kleineren Hauses: Nennen Sie hier bitte ein kleineres Theater (kleineres Stadttheater, Landesbühne, freie Szene, Off-Bühne oder Privattheater), das Sie trotz begrenzter Ressourcen mit einem künstlerisch ambitionierten Programm beeindruckt hat.

3 Besondere künstlerische Leistung im Schauspiel: Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das mit Darstellung, Inszenierung oder innovativen Ideen die Sparte Schauspiel bereichert hat.

4 Besondere künstlerische Leistung im Musiktheater: Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das mit Darstellung, Inszenierung oder innovativen Ideen die Sparte Musiktheater bereichert hat.

5 Besondere künstlerische Leistung im Ballett/Tanz: Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das mit Darstellung, Choreografie oder innovativen Ideen die Sparte Ballett/Tanz bereichert hat.

6 Besondere künstlerische Leistung im Kinder- und Jugendtheater oder Figurentheater: Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das mit Darstellung, Inszenierung oder innovativen Ideen das Kinder- und Jugendtheater oder das Figurentheater bereichert hat.

7 Spartenübergreifende Formate: Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das durch eine spartenübergreifende Inszenierung das Theater bereichert hat. Das kann ein Projekt sein, das die traditionellen Mittel der Sparte überschritten hat, es kann eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen eines Hauses oder mehreren Theatern sein, es kann analoge oder digitale Elemente umfassen.

8 Bühne / Kostüme / Video- und Sounddesign: Nennen Sie hier bitte eine:n Künstler:in oder ein Team, der/die bzw. das Sie in den Bereichen Bühnen- oder Kostümbild, Video- oder Sounddesign besonders beeindruckt hat. Hier sind keine Streams, sondern Liveproduktionen zu nennen!

9 Ein Theater, das sich stark öffnet: Nennen Sie hier bitte ein Theater, das besonders erfolgreich das Publikum  bzw. neue Publikumsschichten in der Stadt erreicht hat. Das kann mithilfe neuer baulicher Konzepte sein, neuer Formate oder Themenreihen zur intensiven An­bindung des Theaters ans Publikum bzw. Vermittlung des Programms.

10 Größter Erregungsmoment der Spielzeit: Nennen Sie hier bitte Ihren persönlichen Erregungsmoment der vergangenen Spielzeit, der sowohl negativ als auch positiv sein kann.