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Schneewittchen und der Gartenzwerg

Heinz Holliger: Schneewittchen

Theater:Theater Basel, Premiere:20.02.2014Autor(in) der Vorlage:Robert WalserRegie:Achim FreyerMusikalische Leitung:Heinz Holliger

Heinz Holligers 1998 in Zürich uraufgeführte Oper „Schneewittchen“ nach dem gleichnamigen Dramolett von Robert Walser ist keine leichte Kost. Nach zwei Stunden ohne Pause liegt der dröge Musiktheaterabend richtig schwer im Magen. Eine echte Handlung gibt es nicht. Die eigentliche Geschichte aus Grimms Märchen ist schon vorbei, wenn hier die Hauptfiguren auftauchen und über Schuld, Sünde, sexuelles Begehren und das Vergessen räsonieren. Den fünf Szenen ist ein Prolog vorgeschaltet, in dem sich die atonale, in den Gesangslinien hochexpressive Musik ganz allmählich aus dem Geräuschhaften schält. Heinz Holliger differenziert den Instrumentalpart aus, setzt Akkordeon und Glasharmonika als theatralische Elemente ein und entfesselt im Orchester in ein zwei Szenen animalische Gewalt. Auch wenn das Sinfonieorchester Basel unter der Leitung des Komponisten äußerst beweglich und nuanciert agiert – auf Dauer ermüdet diese mäandernde Musik in ihrer gleichförmigen Künstlichkeit und freien Rhythmik. Avantgarde, die in die Jahre gekommen ist.

Holligers Oper bräuchte jedenfalls eine Inszenierung, die Schneisen in das Dickicht schlägt. Die ordnet und gewichtet, die die Perspektiven ändert, enträtselt und auch mal szenisch zuspitzt. Regisseur Achim Freyer tut all das nicht, sondern entwirft ein ödes Breitband-Panoptikum, vor dem man nicht mal Angst haben muss. Es schneit digital den ganzen Abend im Theater Basel (Video: Sebastian Hirn). Die Szenenwechsel, die durch ein Herunterlassen einer transparenten Leinwand initiiert werden, haben nichts mit denen der Oper zu tun. Schneewittchen (bis in eisige Höhen kristallklar: Anu Komsi) hat noch ein singendes Spiegelbild (ähnlich timbriert: Esther Lee) und zwei weitere stumme. Das eine wird als Stabpuppe vom Orchestergraben aus geführt, das andere erhält immer mal wieder von einem Bühnenarbeiter eine andere Perücke aufgesetzt (Kostüme: Amanda Freyer). Masken überall. Und ein kleiner Gartenzwerg am Bühnenrand, der sich im Kreise dreht. Die große Sexszene des Jägers (solide: Christopher Bolduc) mit der Königin (stark: Maria Riccarda Wesseling), die Holliger musikalisch auflädt, ist ähnlich erotisch wie ein Kindergeburtstag. Zu diesem würde auch die zweimalige Tierparade mit dem rosaroten Panther, Bär, Hase und Schwein gut passen und auch der paffende Prinz (überragend: Mark Milhofer). Der schrankartige König (etwas wenig Resonanz: Pavel Kudinov), der in seinem Bauch eine Puppenbühne präsentiert, wäre Special Guest. Die Abgründe der Figuren sind nur zu erahnen.

Weitere Vorstellungen: 22./24./28./Febr., 3./5./22./31. März., 3./6./11.15. April 2014.