Marco Goecke wird Ballettchef in Basel

Marco Goecke wird zur  Spielzeit 2025/26 neuer Künstlerischer Leiter und Haus-Choreograf des Balletts am Theater Basel. Er folgt auf Adolphe Binder, die das Ballett für eine zweijährige Interimszeit übernommen hatte. Damit kann sich der Choreograf nach allen Querelen um seine Hundekot-Attacke auf eine FAZ-Kritikerin im Februar vergangenen Jahres endlich wieder der Kunst widmen.

Also doch: Marco Goecke, der berühmte Choreograf, der nach seiner Hundedingsattacke gegen eine ziemlich berühmte Kritikerin Weltbekanntheit weit über die Kulturfan-Szene hinaus erlangte, wird nicht nur wieder neue Werke schaffen, sondern wieder Ballettdirektor sein. Und zwar weit weg von Hannover, seiner vorigen Stelle, und von Stuttgart, wo seine Karriere einst begann: in Basel. Er trete zur Spielzeit 2025/26 an mit einem Vertrag bis 2029, wurde in der heutigen Pressekonferenz verkündet. Die war sehr kurzfristig angesetzt worden, wahrscheinlich wegen komplexer Verhandlungen, die nicht weit im Voraus vorhersehbar zu einem Ergebnis kamen.

Verfahren wurde eingestellt

Zur Erinnerung: Nach jenem schmierigen Angriff auf die Journalistin im Februar 2023 war Goecke noch argumentativ unklar vor Fernsehkameras. Er war sofort mit Hausverbot belegt und von seinem Posten suspendiert worden. Von den zwei Anzeigen, welche die FAZ und die Kritikerin gegen ihn stellten, blieb eine, und das Verfahren wurde am 30. November 2023 eingestellt „gegen Zahlung eines mittleren vierstelligen Betrags“ an einen gemeinnützigen Konfliktschlichtungs-Verein. Auch bat Goecke um Entschuldigung für sein Verhalten.

Inzwischen wurde am Staatstheater Hannover das von ihm geplante Programm verändert gespielt, wurden in etlichen Theatern intern Diskussionen auch mit den Tänzer:innen geführt, ob die von Goecke eingekauften Choreografien weiterhin einstudiert und aufgeführt werden sollten, mit dem Resultat, dass sein Name samt Stück in vielen Spielplänen stehen blieb. Tänzer:innen arbeiten gern mit ihm oder in seinen rasanten Choreografien, ist allerorten zu hören. Inzwischen segnete den berühmten Dackel das Zeitliche.

Kein lebenslänglicher Bann

In Basel tritt Goecke als Hauschoreograf und Leiter des Balletts (die geschäftsführende Leitung übernehmen Nadja Kadel und Ludovio Pace) die Nachfolge von Adolphe Binder und Tilman O’Donnell an. Die beiden waren für eine zweijährige Interimszeit engagiert worden. Als schon vor Monaten bekannt wurde, dass Intendant Benedikt von Peters Vertrag bis 2026 verlängert würde, aber zur Ballettsparte kein Wort fiel, war eigentlich klar, dass es einen Wechsel geben würde. Das Tanz-Programm war explizit anders als das, was Richard Wherlock 22 Jahre lang dort aufgefahren hatte.

Entsprechend vergrätzt reagierten viele Wherlock-Fans, ein Teil der Lokalpresse stellte sich geradezu kampagnenmäßig auf ihre Anti-Seite. Doch fanden die ganz unterschiedlichen, mal etwas öden tanztheatralischen, mal humorvollen zeitgenössisch-konzeptuellen Choreografien übers Choreografieren auch ihr begeistertes oder erstmal einfach neugieriges Publikum.

Nun hat Marco Goecke noch einmal seine Reue bekundet. Es habe viele Gespräche gegeben, sagt von Peter. Das Programm wird also ab Herbst 2025 wieder Ballett sein, hoffentlich mit zeitgemäßen Perspektiven. Sein eigener Stil hat sie: die Anspannung, unerlöste Entladungen, das Schnelle an der Grenze des Kontrollierbaren plus Erstarrungen. Zu empfehlen sei jetzt schon „A Wilde Story“, die Goecke in Hannover schuf und die er hoffentlich mitbringt, eine Art Doppel- oder Dreifachportät übers Künstlersein, zerrissen, zart und dringlich.