Ziemlich laut

Aleksandar Nikolajewitsch Ostrowski: Tolles Geld

Theater:Anhaltisches Theater Dessau, Premiere:21.01.2011Regie:Wolfgang M. Bauer

Lydia setzt die Kopfhörer auf, wenn von Geld oder gar dessen Fehlen die Rede ist. Sie will Spaß und Luxus, Auto und Pferde – womit das bezahlt wird, ist Sache der Mutter und des (abwesenden) Vaters. Dass das nicht lange gut gehen kann, ist Kern der Komödie „Tolles Geld“ von Aleksandar Nikolajewitsch Ostrowski. Das 1870 entstandene Stück hat Wolfgang M. Bauer im Anhaltischen Theater Dessau inszeniert – mit mächtigem Zug ins Hier und Heute.

Und so sind Jean und Gerd, eigentlich junge, arme Adlige, halb Dealer, halb Anlageberater, die mit Cent-Münzen Boule spielen. Der ihnen zum Rivalen um die Gunst Lydias wird, der Unternehmer Vasilkow (Gerald Fiedler) aus der Provinz, stammt hier aus Dessau. Ein Constantin Clohschar redet über Geldverdienen auf der Straße und Bruttolöhne in Magdeburg. Und wenn Lydia (Katja Sieder) endlich den Antrag des ungeliebten Provinzlers angenommen hat, tanzt sie im Rotlicht wie Lena Meyer-Landrut. Es passt einiges nicht zusammen in dieser Inszenierung, die auf der Übersetzung von Ulrike Zemme basiert. Man hantiert mit Handy und Laptop, die Frischvermählten aber siezen sich wie im alten Russland. Mutter Nadia (Christel Ortmann) bezieht ihre Weisheiten aus „Brigitte woman“, hält aber reiche Männer für die einzige (Über-)Lebenschancen für Frauen. Vasilkow schließlich tippt die horrenden Rechnungen in seinen Computer, greift aber zum Duell-Gewehr.

Das alles kommt ziemlich laut und auftrumpfend daher, selten ist Ruhe für feiner Gezeichnetes. Etwa die Szene, in der Nadia dem „Clohschar“ Münzen aus seinem Bettelbecher klaut, um am Telefon ihre Tochter an Vasilkow zu verhökern. Oder die Figur des Kutschmow (Karl Thiele), alter Freund der Familie, den Lydia „Papi“ nennt und dem sie für Geld die Lolita machen will. Er zahlt großzügig und hat das Geld doch nur mühsam zusammengeborgt. Da verkauft sich eine für Geld, da muss einer die Liebe kaufen – doch für solche Feinheiten hat die zweieinhalbstündige Inszenierung leider keine Zeit.