Statt Wunschproduktion durch die Unterhaltungsindustrie, wollen A und B einen „Möglichkeitssinn“ reaktivieren, von dem Robert Musil einmal schrieb: „Wer ihn besitzt, sagt … nicht: Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muß geschehen; sondern er erfindet: Hier könnte, sollte oder müsste geschehen; und wenn man ihm von irgend etwas erklärt, daß es so sei, wie es sei, dann denkt er: Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein. So ließe sich der Möglichkeitssinn geradezu als die Fähigkeit definieren, alles, was ebenso gut sein könnte, zu denken und das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist.“ Also versuchen beide, sich eine andere Welt auszumalen und landen jedes Mal im Bild- und Denkuniversum von Walt Disney. Wenn sie Schneewittchen, Aladin und Dornröschen anspielen, gehen sie nicht in Oppulenz verloren.
Die Regie setzt auf reduziertes Material: Die Kulisse als rosa beblümte Spielwiese besteht aus einem Rundkissen und einer Kiste sowie einem silbernen Vorhang im Hintergrund. Ein paar einfache Requisiten müssen reichen, um mit einem Palästinensertuch aus B einen Aladin zu machen, ein gelber Rüschenrock markiert die Zwergengefährtin; Figuren- und Objektheaterelemente kommen hinzu. Auf diese Weise sind Ines Marie Westernströer und Thomas Schumacher ganz auf ihr mimetisches Können angewiesen – und sie begeistern durch Vielseitigkeit. Zwischen komischer Grimasse und suizidaler Selbstzerstörungswut, kesser Lippe, romantisch-erotischen Anflügen sowie realistisch gespielter Tristesse beherrschen sie die Klaviatur großer und kleiner Gefühle und Gesten. Sie umschiffen mit Leichtigkeit die Gefahr, sich selbst in eine disneyesken Theatralität der Affektiertheit – „Drama, Baby!“ – zu begeben. Mal leise, mal laut verlassen sie sich auf die Unmittelbarkeit der Theatersituation und das geht wunderbar auf. Und wenn die beiden immer wieder aus der Rolle fallen, das Theater selbst thematisieren und das Publikum ansprechen, bekommt der Zuschauer eine Ahnung, warum Dagobert Duck vehement einen ganz neuen Handlungsrahmen einfordert. Er will ein neues Märchen leben, eins mit Eiern. Bevor sich aber sein Wunsch erfüllt, dräut das Happy End.