Lukas Hammerstein, Radio-Freunden auch als BR-Moderator des Formats „Jazz & Politik“ bekannt, hangelt sich mit wortgewandter Ironie und gedämpftem Sarkasmus an der realitätsnah fabulierten Story entlang. Seine Figuren drängen nach oben oder nur „hoch hinaus“, empfinden Stille als „die Brandung des Nichts“, denken an die Sprengung von Opern- und Steakhäusern und haben „die besseren Antworten“ auf Fragen, die niemand stellte. Das ist mit vielen klingend-klingelnden Namen so schrebergärtnerisch penibel in der erinnerten BRD-Realität eingepflanzt, dass man den Autor fast einen Realo schimpfen möchte.
Regisseurin Kathrin Mädler geht ihm aber nicht auf den Leim. Sie löst mit Hilfe von Frank Alberts dreifach gestaffeltem Gefühlsraum die Text-Lawine in Traum und Trauma auf. Klischees verwandeln sich da augenzwinkernd in Zeitgeist-Signale, wo die Mode-Koalition von Palästinensertuch und Turnschuh mehr Wirklichkeit zeigt als jedes Parteiprogramm. Regen prasselt an die Glasfront, kalter Dampf quillt aus den Ritzen und die Disco wird zur etwas überstrapazierten Nachhall-Kathedrale der Reform-Gläubigen. Frank Damerius („Er“, gescheitert als Idealist und Liebhaber) und Michael Hochstrasser („Ich“, der emotional verkümmerte Konservative) zappeln im ätzenden Dialog-Qualm großartig pointiert um Bedeutungs-Reste von Mittfünfzigern. Schemenhafte Stuben-Gladiatoren der softigen System-Schlacht. Tanja Kübler, Anna Keil und Thomas L. Dietz sind präzise Sparringspartner beim Schattenboxen. „Früher hatten wir Ideale“, seufzt einer. Dass mancher Zuschauer dabei an „Früher war mehr Lametta“ denkt, ist wirklich kein Schaden.