550 Seiten Roman, zweieinhalb Stunden Theater
Die Fernsehserie erzählt allein die Geschichte des ersten Rath-Romans in 16 Folgen von jeweils 45 Minuten. Axel Schneider, der neben der Inszenierung auch die Textfassung verantwortet, bringt den 550-Seiten-Band in knapp zweieinhalb Stunden auf die Bühne, natürlich unter Verzicht auf einige Nebenstränge. Dennoch bleibt es zu viel Stoff für einen Abend und die Motivation einiger Protagonisten dabei auf der Strecke. Ungünstig wirkt sich dabei der Entschluss aus, sämtliche Szenen mit einem Blackout voneinander zu trennen; das seziert den komplexen Handlungsverlauf in viele, zum Teil sehr kurze Momentaufnahmen, die sich kaum zu einem großen Ganzen zusammensetzen lassen. Zusammengehalten wird die zerstückelte Inszenierung durch die spielerische Leistung der Darsteller – allen voran Tobias Dürr als Gereon Rath. Seinem charismatischen Kommissar und der Aufklärung des Falls mag man gern folgen, allen verwirrenden Verkürzungen zum Trotz. Von den insgesamt acht Darstellern übernehmen sechs mehrere Rollen. Der ebenfalls großartige Hannes Träbert ist allein in zehn verschiedenen Charakteren zu sehen – auch das trägt nicht wirklich zur größeren Klarheit des Geschehens bei, selbst wenn Kostümteile jeweils wechseln.
Abstrakte Bilder, realistische Geräusche
Auch erschließt sich nicht, warum einerseits das Bühnenbild mit raumhohen (fahr- und drehbaren) olympischen Ringen als vielseitig verwandelbares Ambiente dient und folglich abstrakt funktioniert, andererseits die Story auf konkrete Geräusche wie Klingeln und akustisches Türöffnen zurückgreift, die tatsächlich entbehrlich wären. Die große Faszination der Romane von Volker Kutscher liegt im gekonnten Verweben bekannter historischer Fakten mit spannender Krimi-Fiktion. Diese Balance gerät in der Bühnenversion ins Wanken ob des nicht zu bewältigenden, vielschichtigen und reichhaltigen Materials.