Links vor der Bühne sitzt auf hochgefahrenem Orchester-Graben der exzellent musizierende, sein anspruchsvolles Pensum absolvierende Solo-Cellist Alexandre Vay und sorgt durchgängig für die impulsgebende Basis. Ähnlich mutterseelenallein eröffnet der (von Generalintendant Peter Spuhler nach der Vorstellung) zum Kammertänzer ernannte Karlsruher Tanzstar Flavio Salamanka in einem geöffneten Spalt der Rückwand, an einer Ballettstange die Grundpositionen übend, zum Prélude aus Bachs d-Moll-Suite (BWV 1008) den Tanzabend – den er nach gut 75 Minuten ebenso einsam mit feinen Gesten der Demut zur Gigue aus der D-Dur-Suite (BWV 1012) an der Rampe beschließen wird.
Zwischen diesen Polen spannen sich in kaleidoskopisch fließender Abfolge die Pas de deux, Trio-Tänze und Quartetts, Mädchen- und Männer-Ensembles oder gemischte Auftritte aller 28 Protago-nisten. Ein Wogen, Wirbeln und Kreiseln: Bewegungscrescendi münden in artistische Schleuder-Arabesken und triumphalische Hebefiguren. Männer protzen mit athletischer Kraft, Frauen antworten in weich geschmeidiger Gangart. Die Gefühlswallungen einzelner Paare werden von „Zaungästen“ mit witzigen Bewegungspointen kommentiert. Mit zickiger Arm- und Bein-Gestikuliererei und zackiger Zeichengebung gerieren sich Ballerinen als Automaten-Püppchen. Alles wirkt luftig und leicht, tänzerisch virtuos. Die intensiv farbigen, eng anliegenden Samt-Trikots betonen Sinnen- und Köperfreude. Johann Sebastian Bachs Musik zu vertanzen, birgt Risiken. Der vom Premieren-Publikum gefeierte Meisterchoreograph Spoerli und die Karlsruher Compagnie bewältigen diese Herausforderung mit balletteusem Glanz.