Macht korrumpiert, höhlt Mensch aus, wirkt geradezu blutsaugerisch-vampiristisch. Sie zerschmettert Werte wie Loyalität und Verbindlichkeit – so die Aussagen dieses Stückes, das sowohl mit seinem vorhersehbaren Plot als auch mit seinem klischierten Blick auf die Politik geradezu populistisch anmutet. Leider vermag auch die Inszenierung nichts zu retten. Nicht nur hätten die redundanten Dialoge der ohnehin stereotypen Figuren deutlich gekürzt werden müssen, auch der Regie hätten einige Einfälle gut getan. Kaum eine erwähnenswerte Metapher, kaum ein bühnentechnischer Kniff finden sich in der Vorstellung. Obwohl die Schauspielerinnen und Schauspieler ihr Bestes präsentieren – insbesondere der mehr und mehr zum Wahnsinn abdriftende Julian von Hansemann sowie die seine Geliebte Molly verkörpernde Elena Berthold sind zu erwähnen –, zieht das Stück ohne jeden Funkenschlag an einem vorüber.
Einzig die von Thomas Drescher gestaltete Kulisse liefert einen nennenswerten Akzent: Zu sehen sind drei schief in die Höhe ragende, begehbare Balken, auf denen sich Autokarosserien befinden. Sie verbildlichen einerseits den so steilen wie vermeintlich schnellen Aufstieg zum Olymp der Mächtigen, andererseits stehen allen voran die leeren Fahrzeuge für eine Scheinwelt, die ebenso durch das die Bühne dominierende und Reinheit signalisierende Weiß unterstrichen wird. Darüber legen sich zum Szenenwechsel oft schwer erkennbare Projektionen von Zahlenwerten aus den Nachrichten. Sich auf dieser ohnehin statischen Architektur auszuruhen, ist angesichts eines sowieso unambitionierten Textes fatal. Das Staatstheater Mainz wagt sich mit der Premiere von „Tage des Verrats“ zwar somit aus der Corona-Deckung. Das verdient zunächst Lob und Zuspruch. In ästhetischen Belangen gibt es allerdings, wie man neudeutsch sagt, noch etwas Luft nach oben.