Zwei Personen tanzen überschwinglich nebeneinander. Eine der beiden ist der unerkannte Mörder. Im Hintergrund stehen gemalte Möbel: ein Bett, ein Herd sowie eine Toilette.

Mörder, Detective und Mutterkomplex

Douglas J. Cohen: No Way to Treat a Lady

Theater:Theater Paderborn, Premiere:31.10.2025Vorlage:No Way to Treat a LadyAutor(in) der Vorlage:William GoldmanRegie:Eric RentmeisterMusikalische Leitung:Peter Andreas StolleKomponist(in):Douglas J. Cohen

Das Theater Paderborn bringt mit „No Way to Treat a Lady“ mörderischen Spielspaß auf die Bühne. Das Musical von Douglas J. Cohen überzeugt in der Inszenierung von Eric Rentmeister mit einem gewitzten Ensemble und einer Musik, die mitreißt.

Täter und Ermittler des in New York angesiedelten und dort 1987 am Hudson Guild Theatre uraufgeführten Musicals haben das gleiche Problem: ihre Mütter. Während jene des Mörders Christopher Gill unlängst verblichen ist, aber selbst als Stimme aus dem Jenseits den Sohn noch unterbuttert, knechtet die höchst vitale Flora Brummel ihren Sohn Morris arg vital und gegenwärtig. Die Matriarchinnen und deren Nachwuchs gehören höchst unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten an. Aber, das macht nichts.

Ob nun – wie bei Gill – die aus den Ruhmeshallen der Ewigkeit auf den meist arbeitslosen Schauspielersohn herabblickende Bühnenlegende oder die immerfort den Bruder des Kriminalbeamten bevorzugende Kleinbürgerin. Der mütterliche Maßstab für beruflichen Erfolg ist ein und derselbe: die Erwähnung in der New York Times. Ein Ziel, dem sich daher sowohl Killer als auch Detective verschreiben. Librettist, Songtexter und Komponist Douglas J. Cohen hat für die auf dem Roman „No Way to Treat a Lady“ von William Goldman fußende Bizarrität eine Partitur ersonnen, deren Anleihen bei den klassischen Werken eines George Gershwin, Cole Porter und allererst Stephen Sondheim unüberhörbar sind.

Abgründiger Humor

Im wörtlichsten Sinn servieren die Paderborner mit dem tiefschwarzhumorigen Werk einen Mordsspaß. Trefflich hebt Regisseur und Choreograf Eric Rentmeister den durchgeknallten Divenspross vom biederen, doch letztlich couragierten Ermittler ab. Während Gill sich mit Tötungsabsicht als heuchlerischer Reverend, Karikatur eines Tanzlehrers und – im Kleidchen – neue Freundin ins Herz seiner weiblichen Opfer schleicht, um sein psychopathisches Ich durch die Berichterstattung der New York Times rezensiert und seine Schauspielkunst bestätigt zu finden, entdeckt Brummel sukzessive die Methode in des Killers Wahnsinn und kommt ihm auf die Schliche. Obschon die Karikatur maßloser Geltungssucht naheliegt, wählt Rentmeister die letztlich überzeugendere Option. Er spitzt Gills Eitelkeit in immer nachvollziehbaren Schritten zu. Bis hin zu dem Punkt des Scheiterns.

Der ist erreicht, als der Mördermime die Frau in des Ermittlers Herz und Sinn zu beseitigen trachtet. Liebe besiegt Verbrechen und lenkt selbst von der New York Times ab. Zumal bei einer Frau wie Sarah Stone. Elegant bis in Finger- und Fußspitzen und zugleich couragiert zieht sich die Gesellschaftslady aus der Szene der New Yorker Kunstgalerien den biederen, aber beherzten Detective und nicht jemanden aus ihrer gesellschaftlichen Blase an Land. Mut ist, was beide vereint. So gelingt selbst Brummels Emanzipation von der Helikoptermutter. Für all dies begrenzt Stephan Prattes die Bühne mit einem mannigfach und situationsgerecht ausgeleuchteten Rundhorizont. Das comichaft gemalte Mobiliar kann unverhofft seine dreidimensionale Nutzbarkeit erweisen. Auch die Kostüme hat Prattes ersonnen. Für Sarah wählt er, was an Chic aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts denken lässt. Brummels Mutter und des Mörders Opfer stecken in schriller Klamotte.

Famoses Ensemble

Peter Andreas Stolle und seine mit Keyboards, Saxophonen, Bass und Drums besetzte Combo heizen von der Hinterbühne aus Spielenden und Publikum tüchtig ein. Gesungen wird trefflich. Bei Florian Soyka erwachsen aus Moritz Brummels anfänglicher Biederkeit und Karriereresistenz fortschreitend Tatkraft und Zielstrebigkeit. Für Christopher Gill bietet Fehmi Göklü den Scharfsinn des Wahnsinnigen auf. Marlene Jubelius nimmt das Publikum durch Empathie, Entschlossenheit und Konsequenz für Sarah Stone ein. Claudia Dilay Hauf brilliert als Flora Brummel, Alexandra Gill und des Mörders drei Opfer.