Lohengrin also – das weiße Kissen (Cuscino) wird der einsamen, mondänen Frau zum Schwan (Cigno), was im Italienischen auch sprachlich naheliegt. Auch auf der Bühne ist für ein ausgestopftes Exemplar gesorgt, das allerdings schon etwas mottenzerfressen wirkt. Die Geschichte, die die Frau umtreibt, scheint lange her zu sein. Oder dient ihr die Rolle der Elsa nur als Maske für etwas anderes, das sie einst traumatisierte? Lohengrin, so klagt sie, habe sie erst vor den Anklägern errettet und dann als Frau verschmäht. Oder war es umgekehrt: Erst wurde sie von ihrem Geliebten verschmäht, dann wurde sie angeklagt? In dieser Reihenfolge jedenfalls thematisiert Sciarrino die Geschichte, die sich dem Zuschauer aus den hingehauchten und -gehaspelten Wort- und Satzfetzen der Sängerin nur andeutungsweise erschließt. Und die Crash-Test-Dummy-Gliederpuppe, die ihr am chromblitzenden Gartentischchen den Ritter ersetzen muss, hat keinen Kopf mehr. Ist das die Rachephantasie einer Verschmähten? Oder hat sie sich womöglich tatsächlich an einem desinteressierten Liebhaber gerächt? War das der Grund für Anklage?
Thomas Fiedlers Inszenierung eröffnet Assoziationsräume, in denen diese und andere Geschichten ihren Ort haben könnten. Und Salome Kammer performt diese geheimnisvolle Frau wirklich klasse. Ihr Spiel mit den Mikrophonen evoziert einen Hauch von Showstar-Atmosphäre, hilft aber auch, die verschiedenen Rollen, die sie einnimmt, zu unterscheiden. Dabei bleiben alle ihre Aktionen präzise abgezirkelt, auch daraus bezieht die Inszenierung ihre Spannung. Bemerkenswert ist zudem die Akkuratesse des Orchesters und der drei männlichen Vokalsolisten Volker Röhnert, Alwin Kölblinger und Henry Kiichli unter dem Dirigenten Yval Zorn. Am Ende großer Beifall für einen kleinen Oldenburger Opernabend.