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Der Dolch als Leitmotiv

Kurt Weill / Ruggero Leoncavallo: Der Protagonist / Der Bajazzo

Theater:Anhaltisches Theater Dessau, Premiere:25.02.2011Regie:André BückerMusikalische Leitung:Antony Hermus

Kurt Weills erste Oper „Der Protagonist“ wurde 1926 in Dresden uraufgeführt. Sie ist der Hauptbeitrag des Anhaltischen Theaters zum 19. Kurt-Weill-Fest. Da der Einakter auf ein Libretto von Georg Kaiser nicht abendfüllend ist, hat man ihn mit dem „Bajazzo“ kombiniert. Inhaltlich liegt das nahe, weil es in beiden Fällen um einen Eifersuchtsmord im Theater-Milieu geht. Musikalisch wäre die Konfrontation mit einem Weill-Zeitgenossen sicher spannender gewesen. Denn die ambitioniert pointierte Musik hat Zwanzigerjahre-Tempo. „Der Protagonist“ spielt zwar in Shakespeares England, erinnert aber auch an Strauss‘ Ariadne.

Der vor Selbstbewusstsein strotzende Protagonist, ist mit seiner Truppe in einem Gasthaus abgestiegen, um für einen Auftritt vorm Herzog zu proben. Eigentlich war eine Komödie bestellt, doch dann wird eine Tragödie gewünscht, was beides ausführlich als Pantomime geprobt wird. Doch diesem Theater auf dem Theater kommt (wie im „Bajazzo“) die Wirklichkeit in die Quere. Bei Weill endet die (zu) weitgehende Liebe des Protagonisten zu seiner Schwester mit deren Tod, als ihr Liebhaber auf der Bildfläche erscheint. Im Bajazzo stirbt Iordanka Derilova dann noch einmal als Nedda. Der mörderische Dolch ist in beiden Fällen, sozusagen als Leitmotiv, griffbreit an der Rampe deponiert. Der mörderische Protagonist bittet am Ende sogar die Justiz um Aufschub, weil er sonst um den Publikumsbeifall für seine größte Rolle käme.

Leider verschenkt Regisseur André Bücker das doppelbödige Potential beider Stücke. Er bleibt gefangen in Oliver Proskes holzgetäfelter Fortsetzung des Bühnenportals mit kleiner Bühne im Hintergrund, bebildert allzu bieder und gerät vor allem mit dem Chor zum Kirchgang und einem Als-ob-Kinderorchester beim Zwischenspiel im Bajazzo obendrein in eine Kitschfalle. GMD Antony Hermus, die Anhaltische Philharmonie und sein Protagonist Angus Wood sowie das gesamte Ensemble gehen zwar im Graben und auf der Bühne beherzt zu Werke, können aber die szenischen Defizite nicht ausgleichen.