Jon Fosse

Aus der Zeit gefallen: Literaturnobelpreis an Jon Fosse

Ein Theaterautor hat wieder den Literaturnobelpreis bekommen! Gestern wurde bekannt, dass dem Norweger Jon Fosse in diesem Jahr die renommierteste Auszeichnung für Schriftsteller verliehen wird. 2019  hat der Österreicher Peter Handke als  letzter Dramatiker den Preis erhalten.

Fosse ist bekannt für seine wortkargen Familiengemälde. Selbst Freude kommt darin nur sehr verhalten daher, berühmt sind die zahlreichen Pausen in den ohnehin sehr knappen, poetisch verkürzt formulierten Dialogen. Und doch sind „Da kommt noch wer“, „Die Nacht singt ihre Lieder“, „Traum im Herbst“ oder „Meer“ keineswegs nur düstere Fantasien eines sonnenunterbelichteten Fjordbewohners. Es sind grandiose Gedichte über liebevolle Sprachlosigkeit und Tatenlosigkeit.  Zwar ist Kommunikation nicht eben leicht in der Welt von Fosses Figuren, eine Grundgeduld füreinander ist aber mindestens immer da. Auch insofern kommen diese Dramen des Stillstands aus einer anderen Zeit.

Die Entscheidung des Nobelkomitees verwundert ein wenig wegen des zeitlichen Aspekts. Vor Jahren hat Fosse seinen Rückzug vom Theater bekanntgegeben. Seine Stücke werden kaum noch gespielt, vor 20 Jahren war er vornehmlich an größeren Häusern eine zentrale Stimme des deutschsprachigen Theaters. In unserem seit 2014 befüllten Datenportal deutschsprachiger Theater tauchen gerade einmal vier Schauspielinszenierungen auf. Dagegen neun Inszenierungen mit Musiktheaterwerken nach Jan Fosses Texten und zwei Inszenierungen mit Textvorlagen des Autors. Sein Schüler Karl Ove Knausgård ist mit seinen (autobiographischen) Romanen auch auf den Bühnen längst viel präsenter.

Der Nobelpreis für Fosse ist ein schönes Zeichen für das Aus-der-Zeit-Gefallene des Theaters. Ob er zu einem Hype seiner Texte auf den Bühnen führen wird, ist fraglich.