Wasserschaden am Görlitzer Theater

Die Große Bühne des Görlitzer Theaters wurde durch einen Fehler im Brandmeldesystem geflutet. Das Unglück ist bekanntlich kein Einzelfall – und sollte Anlass sein, das Bewusstsein über die Komplexität der technischen Systeme in modernen Theatern zu schärfen

Es ist der feuchte Alptraum eines jeden Theaters: Tausende Liter Wasser, die innerhalb kürzester Zeit eine ganze Bühne samt technischer Anlagen fluten und zerstören. Immer wieder hat es in den vergangenen Jahren durch fälschlicherweise ausgelöste Löschanlagen mal kleinere, meist aber erhebliche Schäden in Theatern gegeben. Im Juni traf es das Theater Aachen, im Februar das frisch sanierte Theater Hof, 2019 das Duisburger Theater, das Düsseldorfer Opernhaus und das Cuvilliés-Theater in München – um einige jüngere Beispiele zu nennen. Nun also Görlitz: Am Dienstagnachmittag (8.11.) wurde im historischen Theatergebäude durch einen bisher unbekannten Fehler in der Brandmeldeanlage die Sprühflutanlage ausgelöst, wie das Haus per Presseaussendung mitteilt.

Wasserschaden am GHT Görlitz-Zittau
© Gerhart Hauptmann-Theater

Das Ausmaß der Zerstörung

Für das Gerhardt-Hauptmann-Theater mit Sitz in Görlitz und Zittau ist das, so Intendant Daniel Morgenroth, „eine Katastrophe“. Da ist der bisher kaum ermessliche, mutmaßlich aber in die Millionen gehende Schaden durch ruinierte Scheinwerfer, Kulissenzüge, die Inspizienten-Anlage, Steuerungstechnik und Server sowie die Flutung jener Kulissen, Aushänge und Requisiten, die sich im Bühnenraum befanden – obwohl die anwesenden Mitarbeiter:innen die Anlage umgehend wieder ausschalteten. Aber da ist auch der Zeitpunkt – natürlich kommt eine Katastrophe nie zu einem guten Zeitpunkt. Trotzdem trifft es das Haus gerade jetzt besonders hart: Am Samstag, den 12.11., sollte „Der Prinz von Preußen“ Premiere feiern, eine Wiederentdeckung des Musicals von Dieter Brand und Harry Sander mit großer Besetzung. Vielleicht sogar die Premiere der Saison in einem Theater, das nach harten Corona-Jahren gute Auslastungszahlen verbuchen konnte, dessen Ensemble in den letzten Vorstelllungen vor ausverkauftem Haus spielen durfte. Stattdessen ist der Spielbetrieb nun auf unbestimmte Zeit unmöglich. Was läuft, sind die Entfeuchtungsmaschinen. Und die Suche nach Ersatzspielstätten. Dass Foyer und Vorderbühne sowie die Spielstätte in Zittau nicht betroffen sind, ist da nur ein kleiner Trost.

Die Entfeuchtungsmaschinen im Einsatz
© Gerhart Hauptmann-Theater

Brandschutz als komplexes Unterfangen

Man kann dem Theater nur wünschen, dass sich der Schaden auf allen Ebenen so rasch abwickeln lässt wie nur irgend möglich. Was jenseits der aktuellen Misere in Görlitz aber bleibt, ist ein grundsätzlicheres Problem – der anhaltende Eindruck, dass von Löschwasser inzwischen die größere Gefahr ausgeht als von einem Feuer. Doch ganz so einfach ist es nicht. Zwar wissen wir aus den letzten Jahren tatsächlich von zahlreichen Flut-, aber so gut wie keinen Brandschäden in Theatern. Ausgerechnet im Görlitzer Theater hatte es 2011 nach einer Brandstiftung im Fundus gebrannt – doch Fälle wie dieser sind heute zum Glück die Ausnahme. Was Theaterbrände anrichten können, hat unter anderem der (vielfach als dramatisches Beispiel genannte) Feuersturm 1881 im Wiener Ringtheater gezeigt, der 384 Menschen das Leben kostete.

Dass die Sicherheit von Theatern heute in Versammlungsstättenverordnungen fest verankert ist, ist also grundsätzlich gut und richtig. Die Komplexität der Problematik mit heutigen Brandmeldesystemen hat unter anderem Wesko Rohde, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft, in einem Interview mit nachtkritik.de dargelegt. Die Schwierigkeiten beginnen demnach bereits bei den Brandschutzertüchtigungen in den meist historischen Gebäuden, bei der laut Rohde verschiedene Missstände zusammenkommen: Häufig fehle es an der Abstimmung mit den Nutzern, also den Theaterleuten. Nur selten seien wirklich moderne Anlagen verbaut, die mit wenig Wasser auskommen (das unter Hochdruck vernebelt wird). Und oftmals seien es die günstigsten Lösungen, die zum Einsatz kämen. „Ob mangelnde Strukturkenntnisse von Sachverständigen, völlige Unkenntnis der eingebauten Werte bei der Planung, zum Schluss noch schlecht eingewiesenes Personal. Wir sind gut beraten, die Dinge einmal zu hinterfragen, um Theater weiterhin zu ermöglichen“, so Wesko Rohde. Recht hat er.

 

Zerstörte Kulissen © Gerhart Hauptmann-Theater