Theater als Arbeit: "Der Streik" am Schauspiel Köln.

Werkstattinszenierung

Ayn Rand: Der Streik

Theater:Schauspiel Köln, Premiere:12.10.2013 (UA)Regie:Stefan Bachmann

„Die Themen des Romans sind aktueller denn je.“ So heißt es im Programmheft zu „Der Streik“ nach Ayn Rands Bestseller aus dem Jahr 1957. In diesem unterhaltsam zu lesenden, aber sehr langen Epos treten kreative Unternehmer und Ingenieure in den Streik, weil machtgeile Politiker, mediokre Geschäftsleute und Gewerkschafter mit Bürokratie und produktionsfeindlichem Sozialismus die Wirtschaft lähmen. Im Mittelpunkt der Handlung steht das Familienunternehmen „Taggart Transcontinental“, ein großes Eisenbahnunternehmen.

Wenn nun, in der Einstandsinszenierung des neuen Kölner Schauspielintendanten Stefan Bachmann in der Übergangsspielstätte Carlswerk, „Arbeiter“ aus dem 14-köpfigen Cast echte Eisenbahnschienen auf Bohlen und Schotter in der sehr breiten Halle verlegen, kommen Theater, Eisenbahnepos und der ursprünglich kapitalistisch genutzte Spielraum ideal zusammen. Dennoch bleiben die fast vier Stunden nur Stückwerk, kommt im Publikum wenig von der originellen Textauswahl und seiner Themen an. In Tagen, in denen der amerikanische Staat tatsächlich vor dem finanziellen Aus steht (nicht zuletzt dank der Tea-Party-Jünger der Kapitalismus-Prophetin Rand) oder in denen die Deutsche Bahn ständig unpünktliche und überfüllte Züge anbietet, was gewiss nicht die Schuld der Gewerkschaften ist, könnte Rands in sich stimmiges, in seiner Weltsicht aber sehr naives Loblied auf den kreativen Geist und die heilsame Selbstregulierung des Marktes, Anstöße zu Diskussionen geben. Das gelingt dieser Inszenierung jedoch kaum.

Zwar geraten die Versager um Dagnys Bruder James (Niklas Kohrt) durchgehend als Karrikaturen. Seán McDonagh schafft immerhin einen diabolischen Playboy und Kreativitäts-Aussteiger Francisco D’Anconia. Doch Melanie Kretschmann als Dagny Taggart, Jörg Ratjen als Stahlgenie Hank Rearden oder Guido Lambrecht als Streikführer John Galt transportieren nicht viel mehr als Bühnenpräsenz. Erst ganz am Ende distanzieren sich die Darsteller ironisch von den Gestalten. Für eine Anregung zum Nachdenken oder zur Auseinandersetzung mit Ayn Rand ist das allerdings etwas wenig Menschendarstellung. Eisenbahnschienen, ein IFA-Lastwagen oder eine wundervolle Halbkugel aus Plastikfolie mit einem Bergpanoramabild für das Paradies der weltflüchtigen Macher (Bühne: Simeon Meier) schaffen starke Bilder. Für die Darsteller stellt die mehrjährige Übergangsspielstätte in ihrer Weite und akustischen Beschränktheit allerdings eine große Herausforderung dar. Da ist noch viel Arbeit und Kreativität gefragt beim Schauspiel Köln.