Elfriede Jelinek nannte Beate Zschäpe in ihrem gleichnamigen Stück „Das schweigende Mädchen“ und begegnete der Rechtsterroristin wie auch dem behördlichen System aus Vertuschung und Wegschauen mit allerlei Spott und Häme. Kathrin Röggla geht nun in ihrem Drama „Verfahren“, das just in einer Kooperation mit dem Theater „Rampe“ in Stuttgart am Saarländischen Staatstheater uraufgeführt wurde, auf etwas mehr Distanz zum Geschehen und richtet ihren Blick vor allem auf das Publikum des NSU-Prozesses.
Allesamt mit skurrilen Kostümen ausgestattet, finden sich darunter die Stereotypen „Gerichtsoma“ (Martina Struppek) samt „Gerichtsopa“ (Alexander Ebeert), die „Frau von der türkischen Botschaft“ (Anne Rieckhof), ein „sogenannter Ausländer“ (Raimund Widra), der „Kollege Strafverteidiger“ (Burak Hoffmann) sowie die linksalternative „Blogger*in“ (Silvio Kretschmer) und die „Gerichtsdienerin“ (Florence Adjidome). Was diese bunte Truppe natürlich mitbringt, sind heterogene Perspektiven auf den langwierigen Strafprozess. Während die eine für ‚Nach-vorne-Sehen‘ plädiert, bringt der andere reichlich Verständnis für die Lücken der Zeugen auf. Wiederum erinnern sich andere mit Migrationshintergrund an die Hürden, um dem Tribunal als Zuschauer überhaupt beizuwohnen. Und zu alledem geistern Phrasen à la ‚Das wird man doch noch sagen dürfen‘ durch den Raum. Sie alle machen nun gewissermaßen eine Zeitreise und durchlaufen das Verfahren noch einmal.