Zweifellos ist hier ein Stück Tanzgeschichte vitalisiert geworden, das diesen Abend zu einem der wichtigsten des Sacre-Jahres 2013 macht. Ein wuchtige und ehrgeizige Aufgabe, die die beiden Häuser und das Rekonstruktionsteam bravourös gemeistert haben. Mauro de Candia und Gregor Zöllig (ehemals Ballettdirektor in Osnabrück) machen für ihre eigenen Stücke die Wigman-Choreographie in abstrakter Form zum Referendum, gehen jedoch eigenen thematischen Wegen nach. Licht und Raum sind die inhaltlichen Ausgangspunkte von Mauro de Candias „Fiat Lux“, in der er zur tragend-dramatischen Musik von Arvo Pärt fließende, architektonische Tableaus auf die Bühne zeichnet. Obgleich sich zwischen diesen Formen und den chorischen Kreisen der Wigman-Choreographie durchaus Verbindungen herstellen lassen, stellen sie doch einen eher milden und zögerlichen Einstieg in den Abend dar, der in der Trilogie trotz ästhetischer Anziehungskraft leider etwas farblos bleibt. Zölligs „Rauschen“ drückt im Anschluss schon mehr aus; hastige, fast schneegestöberartige Bilder lassen auf der Bühne ein vermeintliches Chaos entstehen. Die Interpretation thematisiert die Hektik des vorbeirauschenden Lebens und wie es ein Rauschen im Kopf der Menschen auslösen kann, fragt außerdem danach, was Stille bedeuten kann. Sie vermittelt ausdrucksstarke Bilder in einer konsequenten Dramaturgie, die nach etwas zögerlichen Anfängen eine eigene, fesselnde Dynamik entwickeln.
Zu begrüßen ist vor allem die konzeptionelle Herangehensweise der beiden Choreographen, die sich der großen Rekonstruktion mit Respekt annähern und diese klug vorbereiten, ohne ihre persönliche Handschrift aus dem Blick zu verlieren. Der Dreierabend vollzieht sich so mit einer klaren Steigerung, er funktioniert im Arrangement, in das sich ganz offensichtlich sämtliche Beteiligte mit voller Kraft und Leidenschaft gestürzt haben.