Einen ganzen Abend lang überblendete Axel Ranisch Sergej Prokofjews „Liebe zu drei Orangen“ (der Artikel fehlt, um den Silben des Russischen zu entsprechen) über einen Königssohn, der vom „hypochondritischen Schleim“, sprich seiner Melancholie, die ihm das Lachen vergällt hat, geheilt werden soll, mit der Optik eines historischen, freilich fiktiven Videospiels aus den frühen 1990er Jahren. Der Regisseur nennt es in Anspielung auf die Handlung der Oper, die weite Teile in der Wüste spielt, „Orange Desert III“ und zieht die extravagante Situationskomik in jeder Szene immer noch eine kleine Drehung der Schraube weiter an oder liefert herrlich verrückte Begründungen für das schon im Original märchenhaft versponnene Geschehen.
Am Ende läuft das Ganze zum großen Finale auf: Der kleine Lockenkopf Serjoscha, wie der Kosename für Sergej lautet (Ben Knotz), den man immer wieder per Video vor dem PC sitzen sah, ist plötzlich durch Intervention der bösen Fee Fata Morgana (Carole Wilson) zwischen die Fronten seines eigenen Spiels geraten und versucht nun – mit Hilfe seines Vaters am Joystick – nicht nur sich, sondern auch das Leben seiner Protagonisten zu retten. Da wirbeln plötzlich alle wie ferngesteuert über die Bühne und das Chaos ist perfekt. Der Abend bekommt so eine schöne Brisanz, denn Ranisch traut auch dem Happy Ending nicht so recht: Warum erklärt der Prinz ausgerechnet Nanetta, dem dritten Mädchen, das aus einer Orange, hier einem Flugobjekt, entsprungen ist, und beinahe in der Wüste verdursten muss, die große Liebe? Dabei wurde sie doch vom Zauberer Celio (mit langer, weißer Haarpracht wie aus „Herr der Ringe“ entsprungen: Michael Ebbecke) mit Geld prostituiert und gebiert am Ende – eine Orange!