Foto: "Hier sind sie richtig" am Theater Schloss Maßbach © Sebastian Worch
Text:Christian Muggenthaler, am 30. Juli 2018
Da gibt es nix: Es geht um fleischliche Gelüste. Im gut gebauten Schwank „Hier sind sie richtig!“ von Marc Camoletti geht es ziemlich zentral um gut gebaute Männer. Männliche Körper als Sex-Objekte: Ganz im Stile von „Full Monty (Ganz oder gar nicht)“ stehen die Kerle in einer höchst vergnüglichen Sommersause des Theaters Schloss Maßbach am Ende mehr oder weniger freiwillig so gut wie nackt da, und in der Frauen-WG mit einer Kunstmalerin, einer Pianistin und einer Ex-Vaudeville-Darstellerin kriegt jedes Töpfchen sein Deckelchen. Nach gut zwei Stunden Komplettverwirrung, versteht sich.
Camoletti ist als Autor ein Meister seines Fachs. Am bekanntesten dürften seine Stücke „Die Perle Anna“ und „Boeing Boeing“ sein. Er war ein leibhaftiger Lustspiellieferant, und in Maßbach darf der Wortbestandteil „Lust“ durchaus markiert werden. Die Lust am lustigen Verwechslungsspiel liegt an einem perfekt konstruierten Plot-Plan: Drei Frauen geben vier Zeitungsannoncen auf, eine will Klavierschüler werben und außerdem einen Ehemann, die zweite sucht ein Akt-Modell für ihr geplantes „Spartacus“-Gemälde, und die dritte sucht einen Untermieter. Natürlich stoßen die Herren, wenn sie eintrudeln, immer auf die falsche: eine Riesen-Show um Riesen-Missverständnisse. Camoletti drückt aus dieser Konstruktion jeden Scherz heraus wie Paste aus der Tube.
Die Freiluftbühne auf dem Schloss Maßbach, ihrerseits eine Art Terrasse der schon seit Jahrzehnten existierenden Theater-WG in tiefster unterfränkischer Provinz, eignet sich für solche Scherz-Kaskaden ganz famos. Denn dem Haus wohnt eine extrem charmante Lässigkeit inne, gepaart mit hoher Professionalität. Deshalb klappt dieses Klipp-Klapp-Spiel um Herren, Damen, Likörchen und Freikörperkultur ausgezeichnet. Die Bühne (von Patrick Schmidt) setzt für jede Dame ungefähr ein Drittel an, die Malerin agiert vor Wandgemälde und Staffelei, die alte Show-Tänzerin hat ihre Veranda und die Pianistin auf der Freitreppe eine Klaviermatte, was lustige Effekte zeitigt, wenn auch nicht immer ganz präzise eingesetzt.
Die Kostümbildnerin Jutta Reinhard setzt auf exakte Typenzeichungen und hat als besondere Aufgabe diejenige, das Publikum mit besonders origineller Herrenleibwäsche zu entzücken. Wo sonst hört man schon im Theaterpublikum murmeln: „Jetzt bin ich gespannt auf seine Unterhose…“ Regisseur Ingo Pfeiffer hat dem Stück einen gut durchbluteten Rhythmus gegeben, das saust und wirkt dennoch erstaunlich unangestrengt: Er hat einen sehr stringenten Rahmen gebaut, in den sich die Spieler fallen lassen und – mit Verlaub – in dem sie auch mal die Sau rauslassen können. Spaß am Herumblödeln ist deutlich spürbar.
Das bemerkt man beispielsweise bei Lukas Redemann als gut gebautem „Spartakus“, der an Rückenkrämpfen leidet: ein wunderbar eitler, selbstverliebter, gespreizter Gockel. Georg Schmiechen ist ein Bernard, der keine alten Damen heiraten, wohl aber deren Kräuterlikör süffeln mag: regelrecht kokett in seiner zunehmend angedüdelten Zurückhaltung. Und Marc Marchand ist ein leicht hallervordenhafter Zimmersucher, der so allmählich von missverständlichen erotischen Reizen regelrecht sturmreif geschossen wird. Im Frauenteam darf man Silivia Steger bewundern als naive Klavierlehrerin, Sandra Lava als toughe Malerin und Angela Koschel-de la Croix. Die ist an dem Abend eine Wucht und Wonne, und wie sie als Vermieterin Georgette angesichts von Spartakus‘ Körperlichkeit ins Schwimmen gerät zwischen Verblüffung und Laszivität, ist unglaublich komisch.