Auch nach dem Erscheinen der beiden deutschen Mitstreiter:innen Leoni Schulz und Edmund Telgenkämper bleibt das Spiel zunächst verhalten; dem Titel gemäß ist „News from the Past“ eine Geschichtsstunde – in einem „tagesschau“-Video berichtet der 1939 geborene Walter Hess als Nachrichtensprecher vom Kriegsbeginn. Eine Putin-Parodie oder das Geisterspiel um einen russisch-christlich-nationalistischen Text bleiben kurze Zwischenspiele mit aktuellem Bezug. Von den meisten Zuschauer:innen erfordert die (jeweils in der Fremdsprache gesprochene) Hälfte der vom Band oder vom Lesetisch gelesenen Vorträge ein intensives Mitlesen der auf die Rückwand projizierten, übersetzten Texte eine intensive Mitarbeit. Vielleicht wäre ein Exkurs wie der über die von den Nazis einverleibten olympischen Spiele bei allen aktuellen Bezügen zu einem anderen globalen Sportevent auch verzichtbar.
Persönliche Verbindungen
Mit dem von Deutschen organisierten Massaker von Babyn Yar im September 1941 treffen sich dann die beiden Seiten der „Geschichte“. Während Vitalina Bibliv und Dmytro Oliynyk auch persönliche Kriegserlebnisse schildern, samt Video aus einem Bunker der Gegenwart, berichten Edmund Telgenkämper und Leoni Schulz von familiären Vorgeschichten, etwa über einen damals in Charkiw stationierten Großvater. Hier kommen in dieses reduzierte Theater schon durch den Text starke Emotionen ins Spiel. Zudem werden nun die Mikrofone nicht mehr nur hin- und hergereicht, das binationale Ensemble wächst vielmehr zusammen, spricht zu zweit ein Gedicht über den Massenmord an ukrainischen Juden; die vier hören sich gegenseitig zu. Und so verwandeln sie sich spätestens im letzten Bild in eine europäische Familie, wenn Edmund Telgenkämper nach seinem Schlusswort sich zu den drei anderen vor einem alten Radiogerät setzt: „Schau dem Monster ins Gesicht, füttere deinen Dämon, wer weiß, in was er sich am Ende dann Schönes verwandelt…“
„News from the Past“ verbindet eindrucksvoll historische Aufarbeitung und persönliche Schicksale zu einem dichten Schauspiel. Die Verbindung aus Information und szenisch entwickelter, gemeinsamer Bearbeitung von Traumata erscheint als theatergemäßer Weg der Auseinandersetzung mit Krieg und Gewalt.