Fulminant ist Lukáš Slavickys solistisches Entrée in toller Sprungform, punktgenau auf Alfred Schnittkes aufwühlendes Klanggeläut. Dazu göttergleiches Deko-Geblitze (Ausstattung: rosalie): powervolle Sekunden, die die Erwartung auf Kommendes schüren. Wie da sind: Im ersten Akt Prometheus technische Innovation, visualisiert in einem himmelskörperartigen Kabelgewurl, Emma Barrowmans sich hinzutastender Auftritt als stets den Überblick wahrende Athena, verstell- und verschiebbare Spiegelrauten, die die Tänzer mittels viel TV-entlehntem „Screentouching“-Gefuchtel (bzw. an Handgelenken fixierten Taschenlampen) zum Schillern bringen, jede Menge grüner Äpfel, die als (Beiß- und Kuss-) Requisit das Ensemblespiel des zweiten Akts dominieren, und im dritten Akt ein mobiles Wolkengebilde aus farbigen Zauberwürfelplatten, das sich wie eine drückende Last über Tänzer und den zum Brüdermörder gewordenen Prometheus senkt.
Während rosalies Objekte sich im Raum bewegen, verharrt Kohlers Choreographie oft in platzverhafteten Verrenkungen. Und gewinnt ein Pas de deux endlich an Schwung, so bremst diesen schnell wieder inhaltliche Belanglosigkeit aus. Denn ob nun Helden oder nicht: Slavicky, Barrowman und Ilia Sarkisov in der Rolle des konservativen Epimetheus, der allein sich gegen die Errungenschaft des Bruders sperrt, (inter)agieren – zumeist vom Corps de ballet (gefällig sind hier manch vertrackte Paarfiguren!) umrahmt – über drei Bilder hinweg in einem lediglich von Schnittke und Lera Auerbach musikalisch interessant animiertem Drama, das sonst keine Steigerung kennt. Vertrackter Mythos oder zeitgenössische Beliebigkeit? Nach 100 Minuten Spielzeit kann auch das von Barrowman so formschön angeführte kollektive (Ober-) Körperschwenken das Ruder nicht mehr Richtung Begeisterung herumreißen. Heldischer Applaus, vor allem für die engagierten Interpreten, die ihr Möglichstes für ein Verstehen des Werks gaben.