Foto: Spielwütiges Ensemble mit rasantem Tempo: "King A" in Konstanz © Theater Konstanz/Bjørn Jansen
Text:Manfred Jahnke, am 11. Februar 2019
Auch im Theater für junges Publikum gibt es ein Repertoire an Stücken, die immer wieder neu überprüft werden. Hierzu gehört die Überschreibung des Mythos von König Artus, die Inèz Derksen 2002 unter dem Titel „King A“ herausbrachte. Ritterträume, so scheint es, sind bei jungen Leuten nach wie vor beliebt. Die Sehnsucht, nach Regeln zu kämpfen, am Runden Tisch Frieden zu schaffen oder sich als Schutzpatron einer Edeldame anzudienen, scheint nach wie vor virulent, verstärkt vielleicht noch durch die Computerspiele, die oft die gleichen Regeln fordern. Einen Zwiespalt aber enthält diese Welt: das Frauenbild. Bekanntlich scheiterte die Tafelrunde an einer Frau, Guinevere, die Königin, die nicht nur Artus, sondern auch den Ritter Lancelot liebt.
In seiner Konstanzer Inszenierung lässt Ingo Putz vier Darsteller und eine Darstellerin, männlich ausgestattet, die Bühne stürmen, die einem ausgemusterten Rummelplatz gleicht; ein nicht ganz vollständiges Karussell dominiert die Szene (Bühnenbild und Kostüme: Marie Labsch), das sich, wenn es geschoben wird, auch drehen lässt. Lichterketten glühen auf, wenn es hoch hergeht. Steckenpferde mit goldenen Köpfen, die nicht nur Pferde, sondern auch schon mal einen Elefanten anzeigen, liegen auf dem Boden und lassen sich auf dem Karussell einstecken. Was ist ein Ritter schon ohne Pferd? Auf dem Boden liegen Schwerter und Rüstungsteile, stachelbewehrt, die sich die Darsteller im Laufe des Spiels anlegen. Im Zentrum aber, obschon eher am linken Rand der Bühne verortet, steht eine alte Popcornmaschine, rotlackiert, funktionsfähig. Natürlich wird mit Popcorn herumgeworfen oder es manchmal auch in kleinen weißen Tütchen serviert. Spielentscheidend wird das Gerät dann, als das Ensemble hereinstürmt und ein Spieler ein weißes Schwert hineinsteckt – der Knabe Artus wird später als einziger das Schwert wieder herausziehen können und mit dieser Heldentat König werden.
Eine der großen Stärken der Inszenierung besteht darin, vorzuführen, wie sich eine Szene aufbaut, bevor sie dann voll in das Spiel integriert wird: Man sieht Vorbereitung und Durchführung – und das bei einem Ensemble mit hohem Spieltempo, artistischer Körperlichkeit, starker Kraft und parodistischem Witz. Was da im ersten Teil – Einführung in die Handlung und in die Frage, was ein Ritter sei und was ein entsprechendes Training – stattfindet, ist überzeugend. Sven Reiner hat sehr akrobatische Kampfszenen geschaffen, in denen Antonia Jungwirth mit zwei Kurzschwertern brilliert. Mit der Liebe allerdings und der Verwandlung vom Ritter zu Guinevere bekommt die Inszenierung einen Bruch, was nicht an der Schauspielerin liegt, sondern an der Sache. Liebe und Eifersucht lassen sich nicht mehr in das rasante Tempo umsetzen, wollen auserzählt werden. Zunächst negiert Jungwirth den Konflikt, dann versucht sie darüber hinwegzuspielen, bis sie angesichts des Agierens von Kai, dem Bruder von Artus, der den Scheiterhaufen für Guinevere und Lancelot einfordert, fassungslos danebensteht. Axel Julius Fündeling spielt diesen Kai als fiesen Scharfmacher, Peter Posniak einen sensiblen Lancelot, der am liebsten flüchten möchte, Georg Melich einen Merlin, der mehr beobachtet als eingreift und Arlen Konietz einen Artus, der eigentlich bis zum Schluss kein König sein möchte und an der royalen Bürde fast zerbricht.
Am Ende eingestehen zu müssen, dass der große Plan, mit der Tafelrunde eine friedvolle Welt zu schaffen, gescheitert ist, ist bitter. Aber es bleibt eine aktuelle Botschaft: Wir werden es erneut versuchen.