„Heißt es, es ist vorbei?“ – „Wir haben fünf Jahre in den Abgrund einer Behörde geschaut.“ – „Wo fängt NSU 2.0 an?“ Was Nuran David Calis aufschichtet, ist schwer auszuhalten. Fürs Frankfurter Schauspiel hat er einen semi-dokumentarischen Abend inszeniert, der sich mit dem Rechtsterrorismus der vergangenen Jahre auseinandersetzt. Gemäß der Natur der Sache kommen hier nicht nur blutige Gewalttaten und Morde zur Sprache, sondern Tatsachen, die die Medien „Einzelfälle“, „Schlappe“ oder „Behördenversagen“ nennen. Calis‘ Aufschichtung vieler solcher „Pannen“ allerdings erzeugt ein Gefühl tiefergreifender Verunsicherung.
„NSU 2.0: Der Film“ ist die Streamingversion des pandemiebedingt verschobenen Stücks. Mit NSU 2.0 waren Drohschreiben unterzeichnet, die seit 2018 an 32 Adressatinnen versendet wurden. Sie gingen an Politiker, Anwälte von Opfern rechter Gewalt und antifaschistisch Engagierte. Zum Teil wurden ihre nicht öffentlichen Adressdaten zuvor bei Polizeidienststellen abgefragt. Bei den Ermittlungen wurde ein Netzwerk von 70 mutmaßlich extrem rechten Polizisten entdeckt. Doch bleibt das Stück nicht an diesem konkreten Vorfall stehen, sondern gräbt weiter. So werden der NSU und der Prozess thematisiert, der so viele Leerstellen ließ. Das Netzwerk um das Terror-Trio herum wurde nie aufgeklärt. Erst diese Woche verweigerte die hessische Landesregierung die Offenlegung der geheimen NSU-Akten. Der Mord an Walter Lübcke wird angesprochen, ebenso der Terror von Hanau.