Buñuels Film „Der Würgeengel“, 1962 in Mexiko gedreht, gilt als Meisterwerk surrealistischer Filmkunst. Nach einem Theaterbesuch feiert eine Gesellschaft – und kann plötzlich den Raum nicht mehr verlassen. Die Partywütigen hängen magisch fest und beginnen sich in ihrer Abgeschlossenheit gegenseitig fertigzumachen und zu verwahrlosen. Gerade dieses Eingeschlossensein in einem Raum, aus dem es kein Entrinnen gibt, macht den Stoff bühnentauglich. In Viktor Bodós Theaterfassung für das Schauspiel Stuttgart, an der Anna Veress, Ingoh Brux und die Übersetzerin Sandra Rétháti mitgearbeitet haben, betreten nacheinander die Spielerinnen und Spieler durch eine Schleuse die Bühne, werden zugleich auf eine Videoleinwand im Hintergrund gezoomt, wobei ein magischer Kreis das rechte Auge markiert (Video: Vince Varga). Sie sind geladen zu einer Krisensitzung einer internationalen politischen Organisation zur Bewältigung einer Panepidemie. Lili Izsák hat dafür einen runden weißen Konferenztisch auf die Bühne gestellt, dazu im Hintergrund eine Übersetzerkabine, in der Celina Rongen und Klaus von Heydenaber sitzen. Die Konferenz beginnt ganz gewöhnlich, eröffnet wird sie von Michael Stiller als Politiker: Nicht alle Mitwirkenden erscheinen sofort im Zoom, Merkel und Putin werden zugeschaltet und die Übersetzer haben viel zu tun. Eine bekannte Situation, die im Publikum Lacher provoziert.
Es folgt ein Kurzschluss, danach scheint die Situation unter Kontrolle zu sein. Erst mit Staunen, später mit Entsetzen stellen die Mitglieder dieser Gesellschaft jedoch fest, dass sie den Raum nicht verlassen können. Sie verlieren jedes Zeitgefühl, entwickeln Durst und Hungergefühle und auch die Beziehungen untereinander werden zunehmend aggressiver. Statt dem Politiker zu folgen, den Michael Stiller wunderbar aalglatt spielt, um am Ende voll abzudrehen, ist nun der Arzt gefragt, den Reinhard Mahlberg als Genussmensch anlegt, der nicht nur von der reichen Erbin (Anne-Marie Lux) verfolgt wird. Sehr bestimmt tritt zunächst Sylvana Krappatsch als Ehefrau des Politikers Nobile auf, aber in dem Maße, wie sie die Kontrolle über das Geschehen verliert, verschlampt sie mit ihren Wuschelhaaren äußerlich immer mehr. Ihre „Affäre“ Christian, von Peer Oscar Musinowski aasig ausgespielt, nutzt die Situation zuerst aus, um aber am Ende ebenfalls voll abzudriften.