Wahrscheinlich hätte sie ihrer Enkelin ihre Fragen auch damals nicht beantwortet. Es bleibt also ein großes Schweigen, in dem man sehr deutlich den Regen hört, der immer wieder eingespielt wird. Was der titelgebende Regen für eine Bedeutung hat, bleibt dabei leider ebenso unklar wie so vieles andere. Denn nicht nur die Großmutter schweigt zu den entscheidenden Fragen, auch Autorin und Regisseurin begnügen sich mit vagen Andeutungen. Anscheinend hatte der Vater der Großmutter irgendetwas mit Afrika zu tun, wohl mit dem Kolonialismus. Was genau war seine Rolle? Wo sind eigentlich Minas Eltern? Warum kann sie sie nicht fragen? Wer ist ihr Vater? Und wie wurde er ihr Vater? Wo sind ihre Eltern sich begegnet?
„Wo die Erde lehmig wird, wo Sand sich mit ihr mischt, da treffen sich meine Ahnen. Weit vor mir – und tief in mir – wurzeln sie“, sagt Mina einmal. Das ist schon sehr pathetisch. Und da hätte man dann doch gerne etwas mehr erfahren. Man kann nur ahnen, was womöglich passiert ist: die arische Tochter, die ein Kind mit einem Afrikaner bekommt; der Urgroßvater, der selbst Kolonialist war. Zweimal lässt Miriam Ibrahim historische Briefe aus dem Kontext des Namibia-Genozids einlesen, die aber ohne erkennbaren Zusammenhang zur Geschichte der beiden Frauen bleiben. Ibrahim und Jeß belassen alles in einer Sphäre des Esoterisch-Rätselhaften, versetzen die Frauen in eine artifizielle Umgebung mit Metallstelen und kleinen Sandbergen (Bühne: Nicole Marianna Wytyczak).
Die Schauspielerinnen Ute Fiedler und Maya Alban-Zapata verfallen mal in bedeutungsschwere Pausen, mal in hysterische Tänze, die wohl Ausdruck der Traumatisierung sein sollen. Nur welcher? Indem dieser Abend, der das Schweigen zum Thema macht, selbst die wesentlichen und nötigen Anknüpfungspunkte verschweigt, verweigert er den Zugang. Es bleibt ein Rätsel, was die Figuren umtreibt. Man erfährt nicht, was los ist – und darum interessiert es einen auch irgendwie nicht. Wenn die Enkelin von dem Genozid berichtet, tut sie das im Tonfall einer Lehrerin im Unterricht. Die persönliche Verbindung wird nicht erklärt, nur angedeutet, dass es eine gibt. Es hätte viel gegeben am Thema und in der Figurenkonstellation, das spannend gewesen wäre. Das wurde nur leider nicht verhandelt an diesem regnerischen Abend in Augsburg.