Szenenbild aus Carsten Ramms "Masken"-Inszenierung in Bruchsal

Die Machenschaften eines Blenders

Claude Chabrol, Odile Barski: Masken

Theater:Badische Landesbühne, Premiere:02.02.2023Regie:Carsten Ramm

Dass dem Theater nahezu sämtliche filmischen Möglichkeiten zur Spannungserzeugung fehlen (man denke etwa an die Montage oder das Zoomen), macht es nicht gerade leicht, Kriminalstücke mit kinematografischer Wucht auf das Parkett des Schauspiels zu bringen. Erst recht nicht, wenn diese wie Claude Chabrols und Odile Barskis Werk „Masken“ (1987) selbst schon ein wenig in die Jahre gekommen sind. Von derlei Bedenken hat sich das Team der Badischen Landesbühne in Bruchsal nicht beeindrucken lassen – leider mit keinem guten Ausgang.

Imperium der Selbstbereicherung

Aber der Reihe nach. Worum geht es? Im Zentrum steht der Showmaster Christian Legagneur, der sich sein Geld mit einer TV-Sendung mit hochbetagten Studiogästen verdient. So wie er sich darin als Mustermann für Empathie, Zuwendung und Gutmenschentum gebärdet, so tritt er auch im Privaten auf. Seine vermeintlich kranke Patentochter Catherine wiegt er in Watte, kümmert sich um sie mit Sorge und Tabletten. Als jedoch der sich als Biograf ausgebende Wolf hinter die Kulisse der Großherzigkeit schaut, tun sich Abgründe auf. Was ist etwa mit der jungen, einst ebenso vom Fernsehstar behüteten Madeleine geschehen? Und erweist sich die Pflege im Hause Legagneur tatsächlich als Akt bloßer Humanität? Wohl kaum. Zutage tritt im Laufe der Geschichte ein übles Imperium der Selbstbereicherung, die selbst auf Mitteln wie Mord gründet.

Nachdem schon dieser Plott irgendwie ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein scheint, setzt der Regisseur des Abends, Carsten Ramm, nun noch eine Schippe drauf und inszeniert die filmische Vorlage beziehungsweise deren Übersetzung von Heike Berg als altbackene, staubige Schultheaterkomödie. Vor der Kulisse eines fast den gesamten Bühnenraum einnehmenden Projektionsfeldes (Bühnenbild: Thilo Schwarz), auf dem mal Schwarz-Weiß-Videos zu Wolfs geheimen Spurensuchen in den Schränken, mal an Scherenschnitte erinnernde Schattenfiguren zu sehen sind, finden verschiedene Dialogszenen statt, darunter das gemeinsame Mahl, in dem uns die Protagonisten in barocken Gewändern (zur oft barocken Musik) begegnen, oder beispielsweise die Schachpartien zwischen dem Alibi-Schriftsteller und dem Bildschirmzampano.

Verstaubte Sammlung

Nicht nur letztere, die das Duell der Männer widerspiegelt, zeugt von einem überschaubaren Bildrepertoire der Aufführung. Fehlen darf in der verstaubten Sammlung natürlich ebenso wenig der Vogel im Käfig. Damit auch wirklich jede:r der Zuschauer:innen des lediglich halbbesetzten Saals die allzu komplexe Metapher zu entschlüsseln vermag, wird er passend neben Catherines Bett platziert, die ebenso zu einer Gefangenen des Schicksals geworden ist. Nun kann man über eine gewisse inszenatorische Kreativitätslosigkeit hinwegsehen. Dasselbe gilt für die zeitliche Streckung der ohnehin verschlafenen Realisierung über eine Pause hinweg. Weniger verzeihlich erscheint hingegen das hölzerne Spiel des Ensembles (u.a. René Laier, Nadine Pape, Thilo Langer), gepaart mit einer Textfassung, die nicht über das Niveau einer Soap hinausreicht. Zu den Gesprächsformaten à la „Jetzt haben sie mich aber erschreckt!“ / „Oh, das tut mir leid“ respektive „Möchten Sie ein Ei?“ / „Ich nehme ein Croissant“ gesellen sich zahlreiche Phrasen im Stil von „Das Leben ist ein Spiel“.

Soll man diese Darbietung als eine angemessene Aktualisierung der Kritik des einstigen Nouvelle Vague-Filmemachers an der Fragilität der bourgeoisen Fassade verstehen? Wenn ja, wäre in diesem Fall eindeutig zum Original zu raten. Diese Alternative ist nämlich paradoxerweise weitaus moderner und anregender als ihr flaches Remake.