Bunte Vielfalt in 3D

Eric Gauthier: Out of the Box II

Theater:Theaterhaus Stuttgart, Premiere:18.12.2010 (UA)

Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.“ Was schon Goethe propagierte, darin liegt bis heute ein Körnchen Wahrheit. Zwischen Zukunftsangst und Euphorie nach Bekanntgabe der Deutschen Tanzpreisträger 2011 – Egon Madsen und Eric Gauthier – war Ausgabe Nr. II von „Out of the Box“ entstanden: ein bunter Teller Allerlei, der einmal mehr zeigte, welche Vielfalt an Inhalt, Stil, Form und Ausführung im Genre steckt, selbst wenn nicht alles für die Ewigkeit ist.

Unter fünf Tänzer-Kreationen, die sich trotz unterschiedlichster Anmutung à la surrealer Gedankenwelt dreier Fischmädchen, einer Japan-inspirierten Paarträumerei oder zu Minimalmusik dahinrauschenden Identitätssuchen – solo mit hohem Sehnsuchtsfaktor bzw. im Duett – erstaunlich gut die Waage hielten, wird vor allem Armando Braswells sarkastisch-witzige Märchen-Umdeutung „Three Little Pigs“ im Gedächtnis bleiben. Hier killt der Wolf im schwarzen Ledermantel ein Schweinegirl, um mit den zwei anderen in kessen Moves über die Bühne zu flitzen. Da das nicht ohne Konkurrenzgerangel abgeht, müssen diese am Ende ebenfalls dran glauben … So harmlos gut kann Unterhaltung sein!

„Carmen“ als Doppelmord nach viel Herzpochen vor dem Auftritt war Gauthiers klassisch pointierter Beitrag zur Berliner Staatsballettgala. In „Dear John“ schlüpfte er selbst als aufgeregt-taffer Interpret neben Madsen in ein bewegendes Rollenspiel. Begleitet von Francis Rainey (Crankos Pianist) scheint im zitatreichen Rückblick die Erinnerung an den verehrten Schöpfer des Stuttgarter Ballettwunders auf (siehe Seite 38). Richtig krachen lässt er es dagegen in „Bang“: Multitalent Braswell rappt den Saal und wirbelt seine quirlige Partnerin Oloriz akrobatisch durch den Raum, bis diese der ersten Reihe direkt vor die Füße knallt. Worauf Schlagzeuger Albrecht-Herz die Schläger von sich wegwirft.

Neben den acht live getanzten Arbeiten trumpfte Gauthier dann noch mit einem ersten Tanzstück in 3D-Technik auf (ehe im Februar Wim Wenders 3D-Ballettfilm über Pina Bausch erscheinen wird): dem akkurat innerhalb weißer Stoffbahnen dahin fließenden Liebes-Trio „Threesome 3D“. Das Leinwandprodukt überraschte durch überscharfe Plastizität – der vorschnellende Arm der Tänzerin vor der eigenen Nase zum Anfassen nah. Ein Experiment, das bestens ankam, auch weil Gauthier in seiner gewinnenden Art die drei Protagonisten zum Abspann auf die Bühne scheuchte, um sich in Kostümen den Applaus abzuholen.