Aufführungsfoto von „Grand Finale – Ein Geistermusical“ von Christoph Israel am Theater Basel. Eine Frau mit schwarzer Lederjacke und rotem Rock sitzt neben einem offenen Sarg und macht der darin ruhenden Frau die Nägel. Daneben sitzt eine andere Frau auf dem Sarg. Ein junger Mann wedelt am Fußende des Sargs mit einem Staubwedel. Hinter dem Kopfende des Sargs steht ein älterer Mann in einem schwarzen Anzug.

Steppen aufm Sarg

Christoph Israel: Grand Finale. Ein Geistermusical

Theater:Theater Basel, Premiere:01.11.2025 (UA)Regie:Philipp StölzlMusikalische Leitung:Thomas WiseKomponist(in):Christoph Israel

In der Uraufführung des Geistermusicals „Grand Finale“ von Christoph Israel am Theater Basel sucht Regisseur Philipp Stölzl nach der Verbindung zwischen Leben und Tod, Realität und Fiktion. Die Geschichte einer Theaterdiva, die stirbt und als Geist auf ihren Bestatter trifft, ist originell, mäandert aber ohne klar gesetzten Spannungsbogen.

Ein Geistermusical an Allerheiligen, einen Tag nach Halloween – dem Abend der Monster und Zombies. Die Geister am Theater Basel tragen nur einen weißen Ganzkörperschleier und sind durchaus nahbar. Sie haben nur eine kurze Lebenszeit: vom Tod bis zur Einäscherung. Sie möchten noch Dinge klären, die im Leben nicht gelungen sind. Das sorgt für komische und nachdenkliche Momente, für Slapstick und Schmerz. Das neue, dreistündige Musical „Grand Finale“ von Regisseur Philipp Stölzl, Komponist Christoph Israel und Librettist Jan Dvořak sucht nach Verbindungen zwischen den Welten, zwischen Leben und Tod, aber auch zwischen Fiktion – dem schillernden Theater – und der schnöden Realität. Die originelle, in einzelnen Szenen auch mitreißende und berührende Produktion wird bei ihrer Uraufführung am Ende vom Basler Publikum mit stehenden Ovationen gefeiert.

Dennoch merkt man dem Abend an, dass er als gemeinsame Stückentwicklung, als Work-in-progress entstanden ist. Es fehlt die richtige Balance zwischen Musik und Text. Die Geschichte mäandert zu häufig, anstatt auf klare Höhepunkte zuzusteuern. Immer wieder wird die Musik ausgebremst und der Spannungsbogen unterbrochen.

Aufführungsfoto von „Grand Finale – Ein Geistermusical“ von Christoph Israel am Theater Basel. Ein Mann steht in einem grauen Mantel starr vor einer grauen Fliesenwand.

„Grand Finale“ von Christoph Israel am Theater Basel mit Stefan Kurt als Bestatter Giulio Huttner. Foto: Ingo Höhn

Persönliche Note

Die Idee zu dem Stoff hatte Philipp Stölzl nach dem Tod seines Vaters, der in einem bayerischen Dorf vor der Beerdigung noch mehrere Tage zur Totenwache aufgebahrt war. Dieses persönliche Erlebnis, mit dem Toten noch kommunizieren zu können, ist der theatralische Ausgangspunkt für „Grand Finale“.

Die gefeierte, inzwischen von Alkoholsucht gezeichnete Sopranistin Eliza Castafiore stirbt auf der Bühne, als sie spektakulär in den Orchestergraben stürzt. Dann kommt sie als Geist ins vom Konkurs bedrohte Bestattungsinstitut „Little Shop of Sorrow. Der Anfang vom Ende“ von Giulio Huttner, der früher Maskenbildner am Theater war. Stefan Kurt spielt und singt diesen Giulio mit angenehmer Zurückhaltung, die in seiner Theaterbegeisterung aber auch ansteckender Euphorie weichen kann. Elissa Huber ist als von Giulio einst geliebte Eliza eine echte Diva. Mühelos wechselt sie zwischen Opernton und Musicalsound. Und lässt auch die Abgründe der Figur durchschimmern.

Glitzernde Showtreppe und facettenreiche Figuren

Mit Pasquale Aleardi als Deniz Bünyamin (und später Bankräuber Bigs) kommt noch ein zweiter, mit trockenem Humor ausgestatteter Geist ins Bestattungsinstitut. Mit schön rauchiger Stimme erzählt er in der Ballade „Meine Nachtschicht vorbei“ von seinem Unfalltod. Sein Deniz würde gerne Kontakt aufnehmen zu seiner unehelichen Tochter Luna (präsent: Yasmin Yüksel). Das klappt mithilfe des Bestattungspraktikanten Philippe (Camillo Guthmann), der auch mal auf dem Sarg steppt und am Ende Lunas Liebe gewinnt. Mit Carina Braunschmidt als angezählte Theaterintendantin und Klaus Brömmelmeier, der als nerdiger Gerichtsvollzieher, arroganter Psychiater und populistischer Bürgermeister gleich drei Figuren glaubwürdig verkörpert, sind auch die Schauspielrollen gut besetzt.

Aufführungsfoto von „Grand Finale. Ein Geistermusical“ von Christoph Israel am Theater Basel. Eine Frau im rot glitzernden Abendkleid geht eine Showtreppe runter. Sie wird flankiert auf der Treppe von Frauen und Männern mit Federboas und Showroben.

„Grand Finale“ von Christoph Israel am Theater Basel. Foto: Ingo Höhn

Ein Theater mit glitzernder Showtreppe und ein mit allerlei Krimskrams vollgestopftes Bestattungsinstitut samt Kühlkammer sind die beiden Räume, in denen Philipp Stölzl „Grand Finale“ ansiedelt. Durch die beiden Drehbühnen entstehen viele Variationsmöglichkeiten und geschmeidige Szenenwechsel auf offener Bühne. Die Musik von Christoph Israel, Pianist und Arrangeur von Max Raabe, ist eine Hommage an den Broadway-Sound der 60er-Jahre.

Entschärfter Wumms

Das extra für den Abend zusammengestellte Jazzorchester (Leitung: Thomas Wise) hat neben der Brass-Section auch das Leonid Maximov Jazztrio, Holzbläser und ein Streichquintett zu bieten. Der Sound aus dem Orchestergraben entfaltet Glamour und Eleganz. Die wenigen Up-tempo-Nummern in der textlastigen Produktion wie der Geistersong „Bitte, bitte, bitte hör uns zu“ haben Wumms, werden aber leider zu früh wieder entschärft. Die Balladendichte ist hoch. Der Chor des Theaters Basel glänzt mit Bühnenpräsenz und Strahlkraft. Ein echter Geniestreich gelingt Israel mit drei in die Handlung eingestreuten Telefonaten von Stefan Kurt, in denen die Stimme aus dem Telefonhörer durch gedämpfte Trompeten- und Posaunensoli imitiert wird.

Ein bisschen Gesellschaftskritik serviert „Grand Finale“, wenn der Bürgermeister vor einem AFD-ähnlichen Logo (mit Pfeil nach unten) über das Theater wettert oder das Haus an eine Saugroboterfirma verkauft werden soll. Am Ende bekommt Eliza nach einigen zähen Sprechszenen doch noch ihr Grand Finale mit Glitzerelefanten und dem Taj Mahal als Lichterzauber. Bei der abschließenden Revuenummer wird gekonnt gegroovt und getanzt, gesungen und gelacht. Und der bekehrte Bürgermeister verdoppelt die Theatersubventionen. Oder war das doch nur ein Spuk?