Szene aus „Automatenbüfett“ am Landestheater Detmold

Herren unter sich

Anna Gmeyner: Automatenbüfett

Theater:Landestheater Detmold, Premiere:02.05.2025Regie:Jan Steinbach

Regisseur und Schauspieldirektor des Landestheaters Detmold Jan Steinbach inszeniert mit Anna Gmeyners „Automatenbüfett“ sein letztes Stück in dieser Position. Das Volksstück bringt einen Unterhaltungsabend und der Applaus zeigt ein Steinbach verbundenes Publikum.

Nach sieben Jahren endet Jan Steinbachs Schauspieldirektion am Landestheater Detmold. Mit Anna Gmeyners Erfolgsstück „Automatenbüfett“ feiert er die letzte Schauspiel-Inszenierung innerhalb seines Amtes und dieser Spielzeit am Haus. 1931 am Hamburger Thalia Theater uraufgeführt, wurde die Karriere der Österreicherin kurz darauf von den Nationalsozialisten beendet und nach ihrer Emigration ins Exil zog sie sich sukzessive aus der Öffentlichkeit zurück. Erst in den 1980er Jahren wurde sie wiederentdeckt.

Was macht nun einen Text über Protagonistin Eva, die ihrem Leben aus unglücklicher Liebe im Teich ein Ende setzen will, und Herrn Adam, der sie davor bewahrt und mit nach Hause ins Automatenbüfett zu seiner strengen Frau holt, zum abendfüllenden Vergnügen? Im Büfett, dem Dreh- und Angelpunkt des geselligen Lebens von Seebrücken sammeln sich hier patriarchal-lüsterne Gestalten – Schul- und Stadtrat, Apotheker, Redakteur, Oberförster und Kaufmann –, allesamt Mitglieder im DAFV, dem Deutschen Amateur-Fischer-Verband, wie sie im Chor mit Betonung auf ein gedehntes „Amateeeuuuur“ stolz unterstreichen.

Ein Volksstück

Es ist ein kritisches Volksstück und Steinbach inszeniert es genau so, wobei er nah an Barbara Freys erfolgreicher Inszenierung von 2021 am Burgtheater in Gmeyners Geburtsstadt Wien bleibt: Das titelgebende Automatenbüfett, aus dem per Münzwurf Bier und Würstchen ergattert werden, ist eine Art kubisch-futuristischer Verkaufsautomat und Blickfang auf der sonst mit viel Detailliebe in die 1930er Jahre versetzte Szenerie (Bühne und Kostüm: Carla Nele Friedrich). Paul Enev agiert auf gestischen Knopfdruck als lebendige Jukebox mit Mundharmonika und Puttgam, der Straßenstreicher, darf immer nur auf einem niedrigen Hocker tiefer als alle anderen sitzen. Als symbolische Sozial-Pyramide ragt hinter allem eine gigantische, dreieckige Rückwand empor.

Sehr schön ist zu Beginn der Teich, mit blauem Licht auf den sich bewegenden Vorhang projiziert, sodass sich Wasser und Spiegelbild von der treu-bescheidenen Eva (Alexandra Riemann) und dem rechtschaffenen Herrn Adam (Hartmut Jonas) darauf wellen. Diese agieren davor liegend auf dem Bühnenboden, wodurch aus dem Zuschauerraum die gekippte Perspektive aus der Draufsicht von oben auf Ufer und Teich entsteht. Das gibt der romantisch-hoffnungsvollen Verbindung der beiden ein aus der von wirtschaftlichen Interessen regierten Gesellschaft ein passend-eskapistisches Setting. Sie befinden sich in ihrer eigenen utopisch-friedlichen Traumwelt, in der die Menschen noch gut sind.

Steinbach bleibt dem Haus verbunden

Und doch reproduziert die Inszenierung auch tradierte Rollenbilder, auch wenn Gmeyners Stücktext kritisch-satirisch eine historische Gesellschaft beschreibt. Eva ist Blickmagnet des allgemeinen Herrenüberhangs, der sich auf der Bühne wegen weiblicher Reize ständig körperlich zu ihr hinbiegt, possiert und wie eine ungezügelte Schar folgt. Für Herr Adam nutzt sie dies, um unter der Gemeinschaft Lobbyarbeit für seine Zuchtteichidee zu machen. Sehr zum Missvergnügen der jeweiligen Ehefrauen zuhause, die alsbald gesammelt und hoch empört im Büfett stehen. Dabei spielen die Schauspieler:innen die von Steinbach überspitzten Charaktere und Posen mit Elan und Überzeugung: Katharina Otte ist eine sehr bühnenpräsente und stolze Frau Adam. Und die vom Ensemble gespielten Herren und Damen reichen von tatterig-überzogen bis rechthaberisch-eingebildet.

Steinbach gelingt eine feingearbeitete Inszenierung mit überspitzten Figuren im historischen Setting. Doch es bleibt die Frage: Wie würde wohl eine Inszenierung mit einer heutigeren Perspektive und Szenerie aussehen? Warmer Applaus feiert den Noch-Direktor, aus dem gerührten Ensemble gibt es eine herzliche „Jan, wir lieben dich“-Ansprache und einen kurzen Dank von Intendantin Kirsten Uttendorf im Anschluss. Steinbach wechselt in die freischaffende Szene, wird dem Haus aber dennoch verbunden und in Detmold wohnen bleiben. Schon in der nächsten Spielzeit inszeniert der Regisseur wieder am Landestheater.