„Und du bist doch ein Bergsteiger“ sagt fragend A zu B gegen Ende des Stücks. Die beiden trafen sich anfangs im Hochgebirge, zwischen Monte Rosa, Dolomiten und Matterhorn, also in einem surreal vermischten Alpenraum, begannen mit dem üblichen Bergsteiger-Smalltalk: ganze Kerle, ein wenig kindisch und äußerlich sehr selbstgewiss was ihren Körper, ihre Kraft und Selbständigkeit angeht. Doch bei beiden stimmt etwas nicht: Der eine hat seinen Helm verloren, der andere wurde zuvor vom anderen beobachtet, wie er wenig souverän ein Geröllfeld hinabrutschte. Beide sind verstohlen auf der Suche nach einem „Partner“ für ihr Bergsteigerleben, denn um nichts anderes als das ewige Auf und Ab in der zunehmend bröckelnden Natur scheint sich ihre Existenz zu drehen. Jung wollen sie sein und autonom und doch suchen sie nach einem Mitwanderer; also wollen es die beiden miteinander versuchen. Doch sind sie auch sehr vergesslich, und als C auftaucht, ein großspuriger Bergjüngling, spielt B für A keine Rolle mehr.
Männerwelt
In der von Matthias Rippert inszenierten deutschen Erstaufführung von „Monte Rosa“ am Ballhofeins des Schauspiel Hannover sind die drei Rollen tatsächlich ausschließlich mit Männern besetzt – und das ist gut so. Denn die enge Männerwelt wird im Spiel von Lukas Holzhausen, Mathias Max Hermann und Nikolai Gemel klar und zugleich nuanciert ausgestellt, wie es dem sprachlich knappen Text der Autorin Teresa Dopler entspricht. Sie konzentriert sich in dem ausschließlich dialogisch aufgebauten Stück ganz auf das Motiv des Bergsteigers und entfaltet damit gleichzeitig gekonnt ein Panorama an menschlich-männlichen Möglichkeiten: des egomanen Bezwingers der Natur, des einsamen Suchers, des Rollenspielers, des betont Unempathischen und Vergesslichen, des selbstverliebten Unreifen, des autoerotisch Verschlossenen.