Foto: Bei allerm Spaß schwingt die Angst immer mit. Sophie Weikert und Valentin Bartzsch in der Uraufführung "Wolken und andere Katastrophen" am Theater Ansbach © James Albright jr.
Text:Manfred Jahnke, am 16. April 2018
In Ansbach entpuppte sich das auf Recherchen in lokalen Grund- und Förderschulen basierende Stück „Nah dran“ als frische und sehr charmante Spielvorlage.
Mit dem Projekt „Nah dran!“ fördert das Kinder- und Jugendtheaterzentrum in der Bundesrepublik Deutschland in Kooperation mit dem Deutschen Literaturfonds e.V. mit Mitteln der Kulturstiftung des Bundes nicht nur neue Stücke für das Kindertheater, sondern mehr noch die Zusammenarbeit von Theater und Autor. Es müssen sich aber nicht nur Bühne und Autor zusammenschließen, sie müssen sich zudem verpflichten , ganz „nah“ am Publikum zu sein, d.h. in Schulen und anderen Treffpunkten, wo Kinder zusammen kommen, nach Themen, Problemen, Bedürfnissen zu forschen. Ein feiner Zug ist dabei, dass bei diesem Förderprogramm auch kleine Bühnen im ländlichen Raum wie nun das Theater Ansbach zum Zuge kommen, können diese doch eine Zusammenarbeit mit Autoren aus eigener finanzieller Kraft kaum stemmen. Wie es um das Theater Ansbach steht, zeigt übrigens die Nichtverlängerung der Intendantin Susanne Schulz, die sich stark für eine künstlerische Weiterentwicklung des Theaters einsetzt und dabei nun vom Aufsichtsrat , in dem auch die Oberbürgermeisterin sitzt, ausgebremst wurde.
Um so wichtiger erscheint das Zeichen, das „Nah dran!“ setzt. Das Theater nutzte gemeinsam mit der Berliner Autorin und Regisseurin Rike Reiniger seine Chance. Man recherchierte in Ansbacher Grundschulen und einer Förderschule. Herausgekommen ist die Geschichte von Lene und Adi. Lene hat Angst vor Überraschungen und Katastrophen und bleibt lieber zu Hause. Und sie sammelt Wetterdaten. Da verwandelt sich eine Stratocumulus-Wolke zu einer Cumulonimbus-Wolke, die, wie sie glaubt, ein katastrophales Unwetter mit sich bringen wird. Adi, der eigentlich Fußballtraining hat, bleibt zu Hause und hilft Lene, in dem er für sie zum lokalen Radiosender oder zum Bürgermeister geht, damit diese eine Unwetterwarnung heraus geben, aber die Versuche von Adi scheitern, er wird zwar angehört, aber geschehen tut nichts. Deshalb macht sich nun Lene auf den Weg, verlässt mit Adi das Haus und befreit sich so von den eigenen Zwängen.
In seiner Inszenierung betont Kristoffer Keudel sehr stark das spielerische Moment. Imme Kachel, die auch die Kostüme entworfen hat, die zunächst in Weiß-Rot gehalten sind, hat dazu eine kleine Spiellandschaft aus Möbeln, Fernseher, etc. „gebaut“, die zunächst unter einem weißen Tülltuch verhüllt sind. Spielerisch wird dabei aus einem verknüllten Kissen eine dunkle Wolke, die sichtbar hochgezogen wird. Allerdings verbindet Keudel derartige, die Möglichkeiten und Beschränkungen des Mediums Theater ausstellende Momente mit Erzähltheaterformen, die zwar eine direkte Kommunikation mit dem Publikum ermöglichen, aber auch den künstlerischen Bewegungsraum einschränken. Dennoch entwickeln Sophie Weikert als Lene, die zugleich auch die Rollen des Meterologen und des Bürgermeisters spielt, und Valentin Bartzsch als Adi ein wunderbar komödiantisches Spiel, das bei allem Tempo das zugrundeliegende Motiv der Angst immer mitschwingen lässt.
„Nah dran!“ hat dem Theater für ein junges Publikum ein wirklich gutes neues Stück geliefert. Weiter ausprobieren!