Das kann nicht euer Ernst sein

Ach, die Kinder in Afghanistan! Die sterben, und verantwortlich sind nicht nur der Soldat und der Oberbefehlshaber, sondern wir alle, weil wir die Politiker dahinter wählen. Wie kamen die Protagonisten des Stückes jetzt gleich darauf? Keine Ahnung, in „Wespen stechen auch im November“ geht es im Schweinsgalopp durch die Themen, da sind Zusammenhänge nicht so wichtig. Die Einsamkeit des Individuums, Fremdgehen und Burnout – alles wird so tiefgründig betrachtet wie die Tatsache, dass in Afghanistan Menschen sterben und alle Schuld haben. Bei diesen Problemen soll wahrscheinlich Gott, oder der ominöse, nie auftauchende Markus helfen, und letztlich stellen sich die Protagonisten immer wieder die Gretchenfrage. Da haben wir Robert, den Agnostiker, Sarah, die Gläubige und Donald, den Atheisten im Personal. Jeder hat sich sein Weltbild zurecht gelegt und schon geht das Gezeter los. Robert ist natürlich unsicher, wo Markus am Montag war, Sarah und Donald glauben, es zu wissen. Ausgehandelt wird das in einer Aneinanderreihung von Plattitüden und Charakterentwürfen, die wohl vielschichtig gemeint waren, aber nur Kombinationen von Stereotypen sind: So ist Sarah die Anständige, die aber eigentlich auch eine Affäre hat, oder Donald der Vegetarier, der schon mal Menschenfinger probiert. Und beinahe jede Dialogsequenz enthält erschreckende Enthüllungen, die alles auf den Kopf stellen: Gertrud ist Zeugin für Markus‘ Besuch bei Donald! Gertrud gibt es gar nicht! Robert lügt und es gibt Gertrud doch! Diese vermeintlich dramatischen Haken werden in einer Inbrunst vorgetragen, als ob das nach dem vierten ja, nein, doch, nein, ja überhaupt noch spannend oder witzig wäre. Garniert wird das durch verrätselte Sätze wie dem immer wiederkehrenden „Die Sommerwespen stechen uns auch noch im November“ und kindlichen Analogien, in denen etwa ein Rudel Hirsche über den Fluss ins Paradies will und Gott für die Brücke braucht. Am Ende erkennen alle, dass sie Weltschmerz eint und nur die Liebe zueinander sie retten kann. In der Weigerung des Regisseurs über die ganze Länge, den Ausweg einer ironischen Brechung anzubieten, mutet dieses Finale wie ein Clip aus dem Bibel-TV an, mit dem das Stück doch noch komisch wird. Statt zu erwartender lustiger Kissenschlacht gibt es per Einblendung noch unschuldiges Rumtollen im Schnee. Auch schön.