Zum Tod von Frank-Patrick Steckel

Der Regisseur, Übersetzer und Theater-Intendant Frank-Patrick Steckel ist im Alter von 80 Jahren gestorben.

Lange hat er sich noch eingemischt – von ganz weit außen. Und der Blick auf die Theater-Kommentare im Internet lohnte eigentlich nur, wenn die Analysen von ihm kamen: Frank-Patrick Steckel, Jahrgang 1943 aus Berlin, blieb auch Jahre nach den letzten Inszenierungen ein scharf pointierender, streitbarer und letztlich tief verzweifelter Beobachter der aktuellen Szene.

Wie sehr er litt, als ihn keins der bedeutenderen Theater mehr zum Inszenieren einlud, haben Kolleginnen und Kollegen bekundet, die Steckels Weg begleitet haben. Der Regisseur wandelte sich Schritt für Schritt zum hauptberuflichen Übersetzer. Die neuen Fassungen vertrauter Texte, die Steckel immer wieder vorlegte, Shakespeare vor allem, aber auch antikes Material, blieben stets sperrig und überraschend, zeigten aber immer den lebendigen, wachen Geist, der den Theatermenschen weiterhin voran- und umtrieb. Tochter Jette Steckel, 1982 geboren, hat Papas Übersetzungen in jüngster Zeit immer wieder inszeniert. Und ihn jetzt auf dem letzten Weg begleitet.

Im Team um Peter Stein

Der junge Regisseur Steckel stand im Zentrum der west-deutschen Theater-Moderne. Nach ersten Begegnungen mit Claus Peymann, noch am Studienort Hamburg, wurde Steckel Teil vom Team um Peter Stein, das am Beginn der 70er Jahre die „Schaubühne am Halleschen Ufer“ übernahm. Brechts Bearbeitung des Gorki-Romans „Die Mutter“ war der Durchbruch. Steckel blieb bis 1978, wechselte für drei Jahre als Schauspiel-Direktor zum Intendanten Arno Wüstenhöfer nach Bremen, kam dann zunächst zurück nach Berlin und übernahm 1986 (als Peymanns Nachfolger in der Intendanz) das Bochumer Schauspielhaus. Auch Bruder Ronald holte er sich hier an die Seite, als Regisseur und Theater-Musiker.

Erfolgreich war der Intendant, aber auch sehr umstritten. Als knallharter Chef führte er immer mal wieder Produktionen von Kolleginnen und Kollegen zu Ende und stritt beharrlich mit der Intendanz-Partnerin Reinhild Hoffmann. Ebenso vehement kämpfte er aber auch gegen „Starlight Express“, das private, von der Ruhrstadt geförderte Musical-Haus.

Und unvergesslich stritt er bei einer Tagung der Dramaturgischen Gesellschaft in Amsterdam mit Frank Castorf: um die politische Deutungshoheit nach der Wende. Keiner focht so wie Steckel mit dem Wort als Waffe. Florett, Säbel und Holzhammer waren nichts dagegen.

Bochum als einzige Intendanz

Leider blieb Bochum Steckels einzige Intendanz. Nur beinahe wäre ausgerechnet er der erste West-Intendant im deutschen Osten geworden, in Dresden; die Bewerbung scheiterte. Er selber hatte sich wohl verkalkuliert und inszenierte von nun an wieder frei, in Wien und Köln, Mannheim, Bonn und Wuppertal; schließlich wieder in Bremen, dort auch im „Theaterlabor“ und mit dem Blaumeier-Atelier. Immer strenger und statuarischer wurden Steckels Inszenierungen, immer radikaler konzentriert auf den Text. Der Schauspieler Hans-Werner Leupelt, einer der treuesten Weggefährten, erzählte von den Leseproben, die ihm oft wie die eigentlichen Aufführungen erschienen. Und für eine der letzten wirklich erfolgreichen Inszenierungen (die auch zum „Theatertreffen“ nach Berlin eingeladen wurde) blieb das Ensemble bei Shakespeares „Edward III“ fast komplett bewegungslos, im Stehen gestützt durch hüfthohe Jägersitze – Regie war zur Installation geworden.

Gerade aber weil Frank-Patrick Steckel so fundamental auf dem künstlerischen Eigensinn beharrte, unbeirrbar und mit der Zeit eher hoffnungslos, hätte dieser im traditionellen Sinne politische Feuerkopf dem Theater der Gegenwart bei der Suche nach Orientierung immer noch und bis heute sehr gut getan.