Folge 4: Der Kulturverein „protagon“: Hausbesuch mit Michael Laages
Foto: Cover des Podcasts Hausbesuch mit Michael Laages Folge Nummer 4 über den Kulturverein protagon e. V. © Die Deutsche Bühne Text:Die Deutsche Bühne, am 9. Dezember 2025
In Folge 4 führt Michael Laages nach Frankfurt-Fechenheim Nord in die Orber Straße 57, dorthin, wo ein ehemaliges Speditionsgelände erst auf den zweiten Blick nach Theater aussieht: Industriegebiet, Bahngleise als Nachbarschaft, wenig Anbindung und genau der richtige Ort, um laut zu sein, spät zu proben und großes Outdoor-Theater überhaupt erst möglich zu machen. Hinter einem Zaun, der selbst schon eine kleine Ausstellung ist, öffnet sich ein Gelände, das sich konsequent gegen die Vorstellung stemmt, Theater müsse zwingend im Stadtkern und hinter dicken Mauern stattfinden.
Hier arbeitet und lebt antagon theaterAKTion – 1990 von Bernhard Bub gegründet – aus einer Biografie, die eher nach Rockschlagzeug, Hausbesetzung und Stelzenlauf klingt als nach Institution. Laages folgt Bub durch die Geschichte der Gruppe. Von frühen Touren im alten Bus, von prägenden Begegnungen in Italien (u. a. mit Eugenio Barba und Leo Bassi) bis zur „trickreichen“ Übernahme der früheren Speditionshalle. Aus dem Lkw-Umschlagplatz wurde ein flexibler Theaterraum: Probebühne, Workshop-Ort, Blackbox oder Tribüne—je nachdem, was die nächste Idee verlangt.
Der Kern ist Theater im öffentlichen Raum und die Infrastruktur dafür wächst auf dem Gelände gleich mit. Werkstätten, Lager, Rampen als Außenbühnen, ein Container-„Pueblo“ für Residenzen, Wagen und Busse als Rückzugsorte und Gemeinschaftsräume als Herzstück. Von hier aus stemmt der Kulturverein protagon e. V. Festivals wie die Sommerwerft am Main (17 Tage, hunderte Programmpunkte, ein Publikum in fünfstelliger Größenordnung) und als winterliche Schwester die Winterwerft, die das Gelände als Labor, Residenz und Diskussionsraum nutzt.
Laages begegnet Menschen, die diese Idee praktisch halten: Max Büttner etwa, der das Offene Training mit Übungen übers Vertrauen, über das Führen und Sich-führen-lassen und über Körperwahrnehmung als soziale Technik leitet. Und er trifft Bárbara Luci Carvalho, Performerin, Choreografin und künstlerische Leiterin des Internationalen Frauen*Theaterfestivals (IFTF), die von brasilianisch-deutschen Projekten erzählt, von Arbeit in Quilombo-Communities, von Kunst als Brücke zur Umwelt bis hin zu einem Theaterschiff in Salvador. In den Gesprächen schiebt sich ein Satz immer wieder nach vorn: „politisch“ ist hier weniger Parole als Praxis – Gemeinschaft als Produktionsweise, Diversität als Selbstverständlichkeit, Öffentlichkeit als eigentliche Bühne.
Über den Host:
Michael Laages, Jahrgang 1956 aus Hannover, ist Kulturjournalist u.a. für NDR und Deutschlandfunk und langjähriger Autor der DEUTSCHEN BÜHNE.
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