Abschlussbild beim FAUST 2023

FAUST-Theaterpreisverleihung: Widersprüche aushalten

Die diesjährige Verleihung des Deutschen Theaterpreises DER FAUST am Hamburger Thalia Theater gelang als eine der kürzesten in der Geschichte des Preises: dank dem moderierenden Schauspieler Felix Knopp und Ausschnitten aus der Thalia-Inszenierung „Barocco“ von Kirill Serebrennikov.

Wunde Welt und glitzernde Feier, wie geht das zusammen? Danach fragte der Schauspieler Felix Knopp, der in diesem Jahr durch die 18. Verleihung des Deutschen Theaterpreises DER FAUST im Hamburger Thalia Theater führte, gleich zum Auftakt. Und fasste damit die ambivalenten Kräfte des Theaters in Worte, die viele Reden und prämierte Arbeiten an diesem Abend wie ein roter Faden durchziehen sollte: „Das ist für mich die Kraft des Theaters, diese Gleichzeitigkeit von allem. Und das auszuhalten: das Schreckliche und das Schöne, gleichzeitig.“ Um Uneindeutigkeiten, das Aushalten und den Mut dreht sich auch die genreübergreifende Inszenierung „Barocco“ (Regie: Kirill Serebrennikov), ein „musikalisches Manifest“, aus der Knopp gemeinsam mit seinen Ensemble-Kolleg:innen immer wieder eindrucksvolle Ausschnitte zeigte. Programmatisch bot dieses konzentrierte theatrale Konzept einen angemessenen Zusammenhalt des Abends.

Prägnante Qualität

Obgleich diese Verleihung zu den kürzeren aller bisherigen FAUST-Galas zählte, tat die Prägnanz der Qualität des Abends keinen Abbruch – auch dank dem schlanken und gleichwohl zugewandten Moderationskonzept von Felix Knopp. In knapp zweieinhalb Stunden wurden Künstler:innen aus insgesamt zwölf Kategorien geehrt sowie Klaus Zehelein für sein Lebenswerk und das FUNDUS THEATER | Forschungstheater in Hamburg mit dem Perspektivpreis der Länder. Letzteres sorgte mit dem Auftritt des performativen Fußballclubs FC Fundus außerdem für einen ausgesprochen humorvollen Auftritt. Besonders sympathisch drückte Fritzi Haberlandt, geehrt in der Kategorie Darsteller:in Schauspiel, ihre Begeisterung aus: Mit einem Sprung auf den Arm des Moderators und der wohl mitreißendsten Dankesrede des Abends.

Schwerpunkt Uraufführungen

Auffällig war, dass in diesem Jahr besonders viele Uraufführungen ausgezeichnet wurden, darunter David Hermann in der Kategorie Regie Musiktheater für „Dogville“ am Aalto Musiktheater Essen, der sich freute, dass auf diese Weise „eine Uraufführung ein Highlight bekommt. Ich denke, dass wir im Musiktheater mehr Uraufführungen wagen müssen, mehr Zweitaufführungen.“ Für „Johann Holtrop – Abriss der Gesellschaft“, die Uraufführung der Romanadaption von Rainald Götz durch das Schauspiel Köln und das Düsseldorfer Schauspielhaus, wurde Regisseur Stefan Bachmann geehrt. Er sagte, er hoffe, dass die Theater Räume seien,die hoffentlich immer respektvoller, immer fluider, immer bunter werden, die aber hoffentlich auch tollkühn und undogmatisch sind, die Widersprüche aushalten.“ Und auch Lebenswerk-Preisträger Klaus Zehelein, dessen Wirken sowohl als Lehrer wie auch als prägender Künstler des Musiktheaters in den starken Laudationen von den Regisseur:innen Johanna Wehner und Kirill Serebrennikov gewürdigt wurde, schlug in seiner Rede mit einer Frage den Bogen zurück zur Eröffnung des Abends: „Was wäre denn Kunst anderes, als Wunden zu zeigen?“

Weitere Informationen zum Deutschen Theaterpreis DER FAUST finden Sie hier. Ein Interview mit dem Lebenswerk-Preisträger Klaus Zehelein lesen Sie hier. Und ein Mitschnitt der Preisverleihung ist in der 3Sat-Mediathek verfügbar.