Claudia Schmitz, Geschäftsführende Direktorin vom Deutschen Bühnenverein, beim Klimafestival „endlich”

Das Augsburger Klimafestival

Irgendwie ist es ganz passend, dass am Eröffnungstag des Augsburger Klimafestivals „endlich“ erstmals in diesem Jahr die 30 Grad gerissen werden. Es ist brüllheiß an diesem Freitagnachmittag. Wie in „Panama“, formuliert es Jacob Bilabel vom Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit bei der Begrüßung. Und diese führt gleich mitten hinein in die Fragen und auch Forderungen dieser Zeit an die Theater und an uns alle.

„Endlich“ – das kann sich entweder auf etwas Herbeigesehntes beziehen oder auf etwas, das mit Sicherheit enden wird. Oder eben auf beides. Wie im Fall dieses Festivals: Endlich gibt es so eine Veranstaltung, wie die Redner:innen bei der Begrüßung nicht müde werden zu betonen. Die Ressourcen gehen zur Neige und mit ihnen die Zeit, die uns bleibt, zu reagieren. Die Kuratorin Nicola Bramkamp freut sich auf ein „gigantisches Feuerwerk an unterschiedlichen Programmpunkten“. Claudia Schmitz, die Geschäftsführerin des Deutschen Bühnenvereins, ist glücklich, „dass diese Themen endlich in unseren Köpfen angekommen sind“. „Theater ist Krise“, zitiert André Bücker, der Intendant des Staatstheaters, den Autor Heiner Müller. So sei das Thema durchaus was fürs Theater, das auch einem ernsten Thema lustvoll begegnen könne.

Klimafestival Bramkamp

Nicola Bramkamp und André Bücker © Anne Fritsch.
 

Staffellauf mit Baum-Transport

Und tatsächlich herrscht hier keine Weltuntergangsstimmung, vielmehr liegt ganz viel Lust auf einen Neuanfang, auf die Veränderung in der Luft. Das Netzwerk Performing for Future hat im Vorfeld einen Staffellauf auf den Weg gebracht, der zeigt, dass das Thema Theater deutschlandweit zusammenbringt: Zwei Bäumchen wurden in Lastenfahrrädern und Satteltaschen über 49 Stationen von Theater zu Theater, von Kiel nach Augsburg transportiert und von einem Team ans nächste übergeben, um nun schließlich in Augsburg in einem solidarischen Akt eingepflanzt zu werden. Auf dass kommende Generationen unter ihnen Schatten finden. Der Blick, er geht insgesamt nach vorne, auf das Positive, das da kommen soll, nicht auf die Versäumnisse der Vergangenheit. „Wir wünschen uns, dass die Zukunft jetzt beginnt“, so einer der Ziele, die den Bäumchen mit auf den Weg gegeben wurden.
 

Klimafestival Baum

Staffellauf fürs Klima: Das Bäumchen reiste quer durchs Land. © Anne Fritsch.

Workshops und Praxis

In anschließenden Workshops werden dann einzelne Themen vertieft. „Ich sehe was, was du schon hast“ macht klar, wie Nachhaltigkeit in der Praxis funktionieren kann oder könnte. In Dresden ist man da deutlich weiter als anderswo: Das theater junge generation (vielleicht ist der Name ja hier auch Innovationsmotor?) hat sich gut vernetzt in der Stadt. Lutz Hofmann, Technischer Direktor am tjg, Bühnen- und Kostümbildnerin Konstanze Grotkopp und Bettina Weber vom Konglomerat e.V. stellen ihre Zusammenarbeit vor. Da gibt es Kooperationen mit offenen Werkstätten, deren teure Maschinen wie Lasercutter von den Theatertechnikern genutzt werden können. Die Produktion „Tiere essen“ wurde zu einem Pilotprojekt, bei dem von Anfang an mitgedacht wurde, wie Ressourcen geschont werden können. Das Bühnenbild besteht zwar aus Dixie-Klos, die – irgendwie naheliegend – nicht gebraucht gekauft werden konnten. Im Kaufvertrag aber wurde bereits eine Rückkaufklausel vereinbart, so dass diese ihrer ursprünglichen Bestimmung zugeführt werden können, wenn die Produktion abgespielt ist. Dazu eine universell einsetzbare Drehbühne und eine schwebende Kugel, die so konstruiert ist, dass die Einzelteile im Anschluss einfach wiederverwendet und umfunktioniert werden können. Der Container, der sonst gerne vor dem Theater auf die schrottreifen Bühnenbildreste wartet, wird bei dieser Produktion also leer bleiben.

Teilen statt Schrottplatz

Was im Theater dennoch übrig bleibt, landet idealerweise nicht auf dem Schrottplatz, sondern in Materialinitiativen, aus denen sich andere Theatergruppen oder gemeinnützige Institutionen bedienen können. Eine Win-Win-Situation: die aufwendig beschaffenen und hergestellten Teile kommen denen zugute, die eigene Werkstätten und aufwendige Ausstattungen finanziell nicht stemmen können. Und der Einsatz an Zeit, Ressourcen und Energie lohnt sich doppelt. Ein weiteres Konzept: die Online-Plattform depot.social, auf der man Dinge, die man selbst gerade nicht benötigt, verleihen kann. Das Angebot reicht von Lastenfahrrädern über Probenräume bis zur kompletten Sommertheater-Bestuhlung, die normalerweise „elf Monate eingemottet“ wird, wie Hofmann erklärt. Teilen statt horten, so das Motto dahinter: Vorhandenes nutzen statt alles neu zu beschaffen. Gut für die Finanzen und die Umwelt.

Das alles leuchtet vollkommen ein, wenn man es hört. Es wäre so einfach. Wenn alle mitmachen würden. Und obendrein ein Gewinn für eine sozialere Gesellschaft, in der es weniger um „meins“ geht als um „unseres“. Die Welt zu retten, das jedenfalls funktioniert nur gemeinsam. Wie es Nicola Bramkamp formuliert hat: „Lass uns unsere Eitelkeiten ablegen und zusammen machen, niemand owned das Thema.“

endlich – Das Augsburger Klimafestival läuft vom 19.5. bis 22.5.2022 am Staatstheater Augsburg.