Drei Hotelräume hat Moritz Junge auf die Drehbühne gestellt. Im kleinen Salon mit altem Spiegel empfängt die Duchess, lässt sich interviewen und heimlich verspotten. In einer Suite sonnt sie sich im vergangenen Glanz. Hier wird auch das Gerichtsurteil gesprochen. Es lautet auf schuldig, wegen scheinbar erwiesenen Ehebruchs mit 88 Männern, teilweise belegt durch möglicherweise illegal in den Besitz des Gerichtes gelangte Polaroid-Fotos. Dass der Herzog vom Geld seiner Frau lebte, sie schlecht behandelte, zwang, seine Kinder aus erster Ehe aufzuziehen und selbst ständig fremdging, spielte keine Rolle. Bart Driessen setzt sich an den Schminktisch, weißt sich das Gesicht, setzt eine Perücke auf – und ist Richter. Die Szene wird so rational, so sachlich wie möglich exekutiert, ohne jedes Spektakel, ohne jede Standardgeste, eine unaufhaltsam rollende Kammertragödie, die im letzten Zimmer, das wohl in einer Absteige zu lokalisieren ist, ihren Höhepunkt findet. Es ist die berühmteste Szene dieses Stückes. Die Duchess gibt einem Zimmerkellner Geld, um ihn oral befriedigen zu dürfen. Engels inszeniert das fast traurig, in abgestandenster Atmosphäre. Das Vorher ist hier relevant, das Kämpfen gegen die eigene Sucht, dass sich in Stottern äußert, die Verzweiflung, die aus jedem Ton klingt, den Eva Bernard mit staunenswerter Selbstentäußerung präzise von sich gibt. Der Akt selber wird in die Tür verbannt – und die alte Duchess stellt sich davor. Düster und gewaltig ist der an diesem Abend aufgerissene Abgrund und doch, leider, das zeigen Ludger Engels und sein entfesseltes Ensemble, sehr menschlich.