Regisseur Michael Dissmeier lässt ihn mit Scheinwerfern hantieren, sich selbst oder Bilder ausleuchten, Zuflucht bei einer hölzernen Puppe suchen, ein verspiegeltes Totenköpfchen aufhängen oder auch mal stumm in die Welt schauen. Diese Szenen-Ideen sind nicht immer zwingend, die Szene im Gitterkäfig ist eine der überzeugendsten. Nur eines tut Vincent nicht: Er malt nicht, stattdessen singt er davon, und da ist Kai Wefer so überzeugend wie in den übrigen Facetten der Partie.
Im braunen Arbeitsanzug, ein bißchen den van Gogh angeschminkt, singt er mit dunkler Stimme den ersten Brief an den Bruder, von Einsamkeit und Leere und der Hoffnung auf einen Freund. Er klingt weh- und sehnsuchtsvoll nach der Begegnung mit einer Frau, ist aufgewühlt und wütend, wenn es um seine Arbeit geht. Und wenn dieser Vincent sich empört, tut es die Musik mit ihm. Die neun Musiker des Philharmonischen Orchesters Altenburg-Gera unter der straffen Leitung von Takahiro Nagasaki lassen die vielen Stimmungen der Musik Frids wunderbar leuchten: Die weiche Solo-Klarinette für den Einsamen, die heiter-jazzigen Klänge, wenn Vincent von einer Fahrt aufs Land erzählt und die Musik nach dem Trab der Pferde klingt. Den Sturm in seiner Seele illustriert schnelles Schlagwerk, die Musik konterkariert aber auch Vincents Satz, es gehe ihm gut, und ein Mistral fegt auch noch durchs Orchester.
Diese „Briefe des van Gogh“, nach „Das Tagebuch der Anne Frank“ von 1969 die zweite Mono-Oper Frids, 1976 in Moskau uraufgeführt, ist ein bewegendes kleines Stück Musiktheater, an dessen Ende Vincent immer noch allein, wie fragend und klagend zugleich, zurückbleibt.