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Verschönere mein Haus, Tristan!

Richard Maxwell: Isolde

Theater:Theater Basel, Premiere:12.09.2013 (UA)Regie:Richard Maxwell

Nur einmal gibt es wilde Emotionen, kombiniert mit Nacktheit. Als nämlich Isolde und Massimo übereinander herfallen, sie stöhnt in Unterwäsche, er entledigt sich gleich ganz der störenden Beinkleider. Nur einmal ändert sich die Lichtstimmung, das heißt, es gibt überhaupt eine. Für kurze Zeit verwandeln sich nämlich sämtliche Akteure in Charaktere aus Wagners „Tristan und Isolde“. Massimo ist der schmachtende Liebhaber, Isolde ist Isolde, ihr Gatte Patrick mutiert zu König Marke, und der vorher immer mal wieder hereingeschneite Onkel Jerry entpuppt sich als Markes Spießgeselle Melot. Sogar die Souffleuse macht mit, sie stellt Isoldes Vertraute Brangäne dar. Das Bühnenlicht schimmert hierzu bläulich düster. Die Stimmung ist erst pathetisch ernst, bald jedoch wird die Sache eher komisch, vor allem weil Melot/Jerry den guten Tristan/Massimo reichlich übertrieben mit dem Kurzschwert meuchelt. Darauf senkt sich ein nicht enden wollender schwarzer Vorhang herab, und danach schließt sich ein Einsamkeitsmonolog des wieder zurück verwandelten Jerry an. Was vor all dem geschah, war eine Mischung aus konturiertem Theaterspiel und bewusst eingesetzter Künstlichkeit. Eine junge, frustrierte Frau traf auf einen Architekten, der mit der Neugestaltung ihres Anwesens beauftragt wurde. Massimo hatte wenig substanzielle Ideen, dafür größtes Interesse an Isolde. Isoldes Mann merkte erst (zu) spät, was da lief, Onkel Jerry mischte ein wenig mit, interessierte sich aber mehr für Fußballsgespräche.

Richard Maxwell hat mit seiner Gruppe New York City Players und Akteuren aus Basel diese eigenwillige Sprechoper inszeniert, die dem Publikum nur selten emphatische Einfühlung ermöglicht. Die Bühne ist karg, ein paar Stühle gibt es, die Wände bestehen aus Kartons, hinten sieht man einen Vorhang mit einer hübsch kitschigen Naturidylle. Man kann den gesamten Text im Programmheft mitlesen (sonst findet sich darin übrigens nichts, nicht einmal Biographien der Mitwirkenden) und muss selbst entscheiden, in wie fern oder weit man sich auf die einerseits konkrete, andererseits sehr abstrakt bleibende Handlung einlassen möchte. Die Titelfigur erscheint in gleich dreifacher Ausführung, sie spaltet sich auf in zwei Schauspielerinnen und eine Sängerin, letztere übersetzt manch insgeheim Gedachtes in Songs. Dazu liefert noch ein Trio (Lanet Flores Otero, Malte Preuss, Sylwia Zytynska) allerlei Raues, Zirpendes, zur Tristan-Szene gibt es sehr weitläufige Reminiszenzen an Wagners Partitur. Daniel Ott hat den recht atmosphärischen Soundtrack kreiert.

Was ist nun die Quintessenz? Man erlebt ein gutes Stück US-amerikanischer Off-Theaterkultur mit hervorragend eingespieltem Ensemble (Jim Fletcher, Zoe Hutmacher, Brian Mendes, Victoria Vazquez, Ulla von Frankenberg, Agata Wilewska, Gary Wilmes), das einen interessanten Fremdkörper in unserer Theaterlandschaft darstellt. Zunächst die Temperatur herunterkühlen nach dem Motto „Form follows function“, dann alles pseudo-pathetisch mit dem Tristan-Einschub zu brechen, um schließlich doch wieder beim Lesedrama zu landen – darauf muss man erstmal kommen.

Warmherziger Applaus.