Abgesehen von der zu dissonant ausgeführten Ouvertüre spielen acht einschlägige Musikanten unter Hans-Georg Wilhelms Leitung die Kurt Weill-Ohrwürmer mit punktgenauen Akzenten schräg und schwungvoll herunter und sind besonders gut, wenn die mit einer etwas zu schrillen Flüstertüte angekündigten Songs (auch solistisch) begleitet werden. Macheath, genannt Mackie Messer (Niko-laj Alexander Brucker), präsentiert seine Liedeinlagen mit opernhafter Stimmopulenz und wirkt ansonsten mit seinen Sonnyboy-Gesichtszügen aalglatt. Polly (Anne Leßmeister) singt in der Hochzeits-Szene im weißen Tüll-Brautkleid ihre Seeräuber-Jenny-Ballade anfangs babydoll-süß und endet bitterböse. Bebende Liebesleidenschaft bestimmt die Mitteilung ihrer Heirat an das bestürzte Elternpaar, das Eifersuchtsduett mit Lucy (Constanze Weinig) zeigt sie mitreißend erregt als „Schön-heit von Soho“. Pollys versoffene Mutter Celia (Birgit Bücker) verleiht in abgründig-rauem Parlan-do-Stil ihrer „Ballade von der sexuellen Hörigkeit“ eine Verworfenheit, der man nicht entkommen kann. Bettlerkönig Peachum (Sebastian Mirow) kommt meistens klamaukig daher, sein Vortrag des Liedes „Von der Unzulänglichkeit“ ist aber sinnfällig pointiert. Mackies Banditen stottern wie Sägerobert (Patrick Schadenberg), sind anrührend tüttelig wie Hakenfingerjakob (Rainer Haring), der seinen Kollegen Artikulierungshilfen gewährt, oder geben wie Münzmatthias (Max Ruhbaum) verbales Rülpsen von sich.
Die Inszenierung wirkt insgesamt einen Tick zu chargenhaft, was sich besonders in den Figuren des Mafiosi-Polizisten Brown (Oliver Jacobs), des Pastor Kimball (Rosalinde Renn) und der Spelunken-Jenny (Nadine Kettler) zeigt. Die Galgen-Szene wird ausgespielt und Mackie auf offener Bühne gehängt, was Entsetzensrufe einiger Damen auslöst. Umso nachhaltiger – alle Protagonisten werden auf ihre Ausgangsstellungen zurückversetzt – dann in der finalen Wiederholung dieser Szene der Auftritt des reitenden Boten, der anlässlich des Krönungsfestes den märchenhaften Amnestie-Befehl der Königin verkündet. So gerät der Theaterabend zu einem uneingeschränkten Vergnügen.