Dennoch gelang der Gipfelsturm. Denn das gute Ensemble um Kerstin Deschers Brangäne und Guido Jentjens König Marke wurde überragt von einem hoch expressiven Titelpaar. Christine Libor gab der Isolde Verzweiflung in klangschön tragendem Piano, raumfüllenden Rachefuror und glutvolle Liebesunbedingtheit. Gerhard Siegels Tristan glaubte man die im bulligen Körper erst unterdrückten, dann vorsichtig geäußerten Emotionen und für die am Ende dreifach gesteigerten Wahnausbrüche bis hin zum Tod besaß sein heller Tenor bewundernswerte Kraft… und zu all dem: einfach „Wahnsinnsmusik“. Man sollte sich erinnern: noch 1863 erklärten die Wiener Philharmoniker nach über 70 Proben das Werk für „unspielbar“. GMD Dirk Kaftan und dem Philharmonischen Orchester Augsburg gelang von der klagenden Englischhorn-Melodie über die berühmten chromatischen „Tristan“-Steigerungen, die tosenden Gefühlsstürme des 2. und ohne Schwächen hin zu den weltentsagenden Gipfeln des 3.Aufzugs einfach musikalische Überwältigung. Da waren Sog und Wüten, Intimes und Feinsinn – ein Klangfluten, das die Figuren ins Exemplarische hob, das einem Abend durch ein singuläres Kunstwerk eine aller Realität enthobene Größe gab. Viele suchten hinterher nach „Erleichterung“ – etwa durch Witzeleien wie „Man darf den Kaftan nicht zu sehr loben, sonst ist er morgen weg!“ Deshalb also: Sofort nach Augsburg ins Theater!