Noch ein paar Mal in 75 Minuten schlägt das Wesen dieser Art zu, auch unter Lehrern – denn das Ungezogensein hört nicht auf. Herr Troll führt abstruse Hierarchie-Regeln ein (etwa über Schlamm im Schuh) und schickt die Kinder in die Tiefen unter den früheren Spielplatz der Schule, um Gold zu schürfen. Auch das, weiß der Norwegen-Kundige, gehört zum Sagen-Profil von Trollen. Die Zwillinge hingegen finden mit vielfältigen Hilferufen (bei den Eltern, beim Schulrat, bei der Polizei, sogar beim „Prime Minister“ in 10 Downing Street) nirgends offene Ohren; überall nur Ahnungslosigkeit (über Trolle) und süßliches Salbadern (über Toleranz, auch Trollen gegenüber) … niemand wird ihnen helfen, die Folter zu beenden.
Was erzählt Kelly eigentlich? Einen Alptraum jugendlicher Hilflosigkeit angesichts unerklärlicher Macht und Gewalt? Aber der Ruhm des Fabelwesens wächst ja mit jeder trolligen Bluttat – geht’s um Kompromisslerei? Die Story hat keinen wirklichen Ausgang – und Kellys Rettungstrick ist denn auch haarsträubend schlicht: Sean lernt an einem Nachmittag mal schnell „Trollisch“ (das ist einfacher als zu befürchten!), und jetzt setzt die ganze Schule dem Direktor in dessen Sprache zu – die nämlich überwiegend aus dem Wort „Ak“ besteht. Dann kommt wieder Ernie und Berts „Wer nicht fragt, bleibt dumm“-Methode zum Einsatz – Warum frisst ein Troll Kinder? Ähhm … Warum müssen wir in Goldminen schuften? Tja …
Finale: Man argumentiert auf Augenhöhe. Nur vier Opfer waren leider zu beklagen bis dahin. Das ist kein Happy End; und auch die Mine arbeitet irgendwie weiter – Holly und Sean kriegen immerhin ein Denkmal ganz aus Grubengold. Die Inszenierung von Ricarda Beilharz sieht im Bühnenbild der Regisseurin demonstrativ unaufgeräumt aus, wie ein Kinderzimmer eben, durchsetzt mit Absurditäten (viel zu große und viel zu kleine Stühle); der im Erzähl-Ton geschrieben Text ist verteilt auf drei extrem flexible Ensemblemitglieder, die einen Marathon an Klamottenwechseln und Troll-Effekten bewältigen: Nadine Geyersbach, Christine Diensberg und Matthieu Svetchine. Dieses Trio werden die Kids sicher mögen – und die Erziehungsverpflichteten werden danach eine Menge zu erklären haben. Vor allem alles, was sie selbst nicht verstanden haben.