Im Erweiterungsbau des Saarlandmuseums hat Jasna Bošnjak einen Raum gestaltet, der dem Zuschauer das Gefühl von eisiger Anonymität und bedrückender Enge vermittelt. An der Hinterwand baumeln Unmengen brauner Hängeordner von der Decke. Eine Stimme aus dem Lautsprecher informiert über die Hausordnung der Flüchtlingsaufnahmestelle: Fritteusen in den Zimmern verboten. Wer dagegen verstößt, verliert einen Waschtag. Auf eine Leinwand wird per Kamera das Bild eines kleinen Nebenraums übertragen – ein Nachbau einer Gemeinschaftsunterkunft. 18 Quadratmeter für vier Menschen. Ohne Bad, keine Privatsphäre, Kontrollen. Dennoch fällt das Wort „Paradies“. Das Paradies, nicht gefoltert zu werden, nicht im Krieg zu leben, seine Familie in Sicherheit zu wissen.
Gemeinsam mit den Schauspielern des Ensembles stehen sieben Laien aus Syrien und dem Iran auf der Bühne. Sie geben den Geschichten von Verfolgung und Flucht ein Gesicht, zeigen Menschen mit Mut, Stärke und Hoffnung. Ambivalent zeichnet das Stück die Situation der Mitarbeiter der Aufnahmestelle. Zwischen Überforderung, Zynismus und dem Wunsch, helfen zu können, fühlen sie sich gefangen in Paragraphen und Vorschriften, die sie erfüllen müssen. Doch: Die Politik sind wir, ruft die Praktikantin wütend ihren Kollegen in der Gemeinschaftsunterkunft zu.
Kurz vor Ende der Premiere in Saarbrücken bricht die Realität in das Stück ein. Einen Zuschauer erreicht ein Anruf aus seiner Heimat Syrien mit der Nachricht, das Haus eines Verwandten sei von Bomben getroffen worden und ein Angehöriger ums Leben gekommen. Aus diesem Grund entscheidet das Ensemble, ein anderes als das geplante Ende zu spielen, und bittet, auf Applaus zu verzichten. Ein erschütterndes Ereignis. Es verdeutlicht, dass das, was wir vom Theaterstuhl aus betrachten im selben Moment für viele Menschen Wirklichkeit bedeutet.