Regisseurin Plötner und ihr Team finden jenseits der Worte starke Bilder für den Verfall. Melodien und Harmonien zerreiße Markus Steinkellner mit dem Synthesizer. Seine Musik peitscht die Schauspielerinnen in das Gefängnis ihres Unbewussten. Diese Enge spiegelt auch Martin Miotiks Bühne. Mit sparsamen Details skizziert er das Wohnzimmer der gebildeten Frau, die im Pflegeheim-Kabuff endet. „Ach, das ist alles so praktisch“, ruft Lisa Schlegel, die als Tochter mit der Betreuung der alten Frau überfordert ist. In einem Glaskasten unter der Kabine vermodern Bücher und Alltagsgegenstände. Am Ende kriecht die sterbende Seniorin durch den Müll und krallt sich gewaltsam am Leben fest.
Eva Derleder gelingt die ebenso brillante wie anrührende Studie einer Frau, deren Geist abstirbt. In lichten Momenten sucht sie nach Ausflüchten. Dann schminkt sie ihre Lippen zum lächerlichen Clownsgesicht. Sie verliert die Kontrolle über sich. Wie schmal da der Grat zum Verlust der Würde ist, zeigt die Schauspielerin stark. Lisa Schlegel als Tochter fegt zu energisch über die Bedürfnisse ihrer Mutter weg. Jedoch glückt gerade ihr ein betörendes Szenario der Sprachlosigkeit.
Katrin Plötners eineinhalbstündige Regiearbeit erfasst die Facetten der Demenz bemerkenswert sensibel. Wenngleich die junge Regisseurin die Gedächtnislücken der Mutter zu sehr austappt und sogar ins Lächerliche zieht, überwiegen die dunklen, die tiefen Momente. Plötners radikal poetischer Zugriff auf den Text, der schwer aus den Fesseln des Dokumentarischen zu befreien ist, berührt im allerbesten Sinn. Dass der Abend trotz seiner sprachlichen und dramaturgischen Schlichtheit so hervorragend funktioniert, liegt nicht zuletzt an der großen Kraft der Schauspielerinnen.