"Schuld und Schein"-Darsteller am Münchner Metropoltheater.

Stück mit Zuschlag?

Ulf Schmidt: Schuld und Schein

Theater:Metropoltheater, Premiere:04.07.2013 (UA)Regie:Jochen Schölch

Die Sendung mit der Maus erklärt Kindern seit Jahrzehnten die Welt. Dass auch Erwachsene dieselbe oft nicht mehr verstehen, kommt einer Spezies gerade recht: den Bankern. Sie machen kompliziert, was einfach wäre, machen Geschäfte mit der Verwirrung, die sie stiften. Sie wissen, dass Geld die Welt antreibt, dass im Grunde jeder gerne Millionär wäre – und sich für diesen Traum manch abenteuerliche Anlage aufschwätzen lässt. Wohin das alles führt, ist längst bekannt. Der selbsternannte Postdramatiker Ulf Schmidt hat sich nun vorgenommen, das Stück der Zeit zu schreiben: „Schuld und Schein“ heißt es – und ist: eine Geschichte des Geldes. Vom Anfang bis zum bitteren Ende, vom Goldstück bis zum Derivatenhandel. Geldwirtschaft für Dummies, ein Lehrstück, eine Analyse. Die Uraufführungsrechte hat er bei ebay versteigert, das kleine Münchner Metropoltheater hat für 55 Euro den Zuschlag erhalten.

Und das ist gut so. Regisseur Jochen Schölch peppt den eher spröden Text auf, spielt mit dessen oberlehrerhaftem Ton: Zu Beginn spielt er die Sendung-mit-der-Maus-Melodie ein, begegnet dem Ernst der Stunde mit Witz und kleinem feinen Theaterzauber. Auf der leeren Bühne stehen Butz Buse, Paul Kaiser, Marc-Philipp Kochendörfer, Philipp Moschitz und Hubert Schedlbauer. Sie verwandeln sich durch ihr Spiel und selbstgebastelte Requisiten in skrupellose Banker, in ahnungslose Anleger und hoffnungsvolle Verlierer. Der Zuschauer sieht, wie ein Stück Gold zu immer mehr Schuldscheinen wird, wie ein System sich immer weiter aufbläht –bis es irgendwann platzt. Wenn wieder eine Lektion in Sachen Kapitalismus erteilt ist, lässt Schölch seine charmanten Darsteller aus dem Stück-Korsett ausbrechen, lässt sie Geld-Lieder von ABBA, den Prinzen und dem Rapper Cro anstimmen, lässt sie tanzen und Brecht zitieren: „Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ Das trockene Lehrstück wird zur lebendigen Collage.

Am Ende haben alle Schulden. Egal ob Anleger, Banken oder Staaten. Die Schulden werden zum großen Gleichmacher. Allein: Wer ist Schuld? Das weiß keiner, viele wollen es auch nicht so genau wissen. Eine Menge kleiner Schulden hat sich aufgetürmt zur großen Schuld, für die keiner die Verantwortung übernehmen will oder kann. Willkommen im Neoliberalismus.