Es ist so etwas wie das Stück der Stunde im Theater für ein junges Publikum. In dieser Spielzeit kann man „Nathans Kinder“ von Ulrich Hub auf sieben deutschen Bühnen sehen. Seit der Uraufführung 2009 scheint diese Version der Lessing`schen Parabel noch an Aktualität hinzu gewonnen zu haben. Hub erzählt die Geschichte des Kampfes, welche der drei großen Konfessionen die wahre Religion vertritt, aus der Perspektive des jungen Tempelherrn Kurt und Rechas, der angenommenen Tochter Nathans. Er ist desillusioniert, möchte nach seiner wundersamen Errettung vor dem Schwert des Sultans nicht mehr Tempelherr sein, mehr noch, er zweifelt an Gott, zumal er von Bischof und Sultan instrumentalisiert wird: Beide möchten sie ihn überreden, den jeweils Anderen zu töten.
Hub konzentriert die Handlung von Lessing auf fünf Personen, neben den beiden jungen Menschen agieren nur noch Nathan, der Bischof und der Sultan, die mit einer direkten Grellheit aufeinander prallen und das politische Ränkespiel, das sich religiös einkleidet, durchschaubar machen. Es wird nicht taktiert, sondern man geht sich direkt an, wie Theo Fransz am Jungen Nationaltheater Mannheim zeigt. Da schlagen sich Bischof und Sultan nicht nur gegenseitig in die Genitalien, sondern da geraten die Drei in einem nahen körperlichen Ringkampf, fassen sich gegenseitig an die Nasen. Sie wären wohl auf ewig so ineinander verhakt, wenn denn nicht Kurt und Recha eingreifen würden. Da hat Fransz ein drastisches Sinnbild für die Absurdität der Religionskriege gefunden. Aber „Nathans Kinder“ ist auch eine Auseinandersetzung mit Väterbildern. Kurt kennt seinen Vater nicht, Recha liebt ihren vermeintlichen Vater, aber sie erlebt nun dessen Fürsorge als Einengung und kann mit dessen grundsätzlichen Misstrauen anderen Menschen gegenüber nicht umgehen. Entsprechend entwickelt sich das Stück zu einer Emanzipationsgeschichte, zumal Hub viele Erziehungssituationen vorführt, die jeder junge Mensch aus eigener Erfahrung kennt.