Ein wunderbar schönes Idyll hat die Ausstatterin Regina Rösing auf die Bühne des Jungen Nationaltheater Mannheim gesetzt, wo das Bonner Theater Marabu seine schon im September 2019 uraufgeführte Musiktheaterperformance „Hast du schon gehört?“ zeigt. Hinter einem niedrigen Gartenzaun und einem grünen Rasenteppich sind gestaffelt aufgebaut ein Ständer mit Gitarre, ein Kontrabass, vorne rechts ein Saxofon und davor eine Klarinette. Dazwischen stehen wunderschöne Blumen aus Sperrholz und große Steine. Darüber wölbt sich eine orangene Scheibe, die später blau wird. Daneben gibt es ein Campingstuhl, nebst einer Kühlbox. Auf dieser Wiese agieren zu Beginn Silas Eifler (Kontrabass), Tobias Gubesch (erst Klarinette, dann Saxofon) und Leonard Spies (Gitarre). Sie spielen fetzig zwischen Swing und Dixieland auf (Musikkonzept: Markus Reyhani und Claus Overkamp, der auch für Text und Regie verantwortlich zeichnet). Zugleich spielen sie Schafe, die hysterisch auf den Begriff „Wolf“ reagieren, den der Hütehund ohne Argwohn einwirft.
Mit dem „Wolf“ ist die Idylle zerstört. Jede Nennung dieses Wortes greift auch in die Harmonie der Musik ein, die dann zur Kaskade nervender Klänge wird. Was in dieser Musiktheaterperformance verhandelt wird, ist das ernste Thema, wie Gerüchte entstehen und welche Folgen sie haben. Keiner hat je einen Wolf in freier Wildbahn gesehen, aber jeder meint, die Gefährlichkeit und Hinterlistigkeit des Wolfes zu kennen. Auch die eingespielten Kinderstimmen wissen davon. Und sei es nur, weil sie das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein kennen, oder Rotkäppchen. Aber ließ Rotkäppchen sich nicht vom Wolf zu den schönen Blumen leiten, begegnete ihm ganz ohne Angst? Schon wahr, die Hinterhältigkeit des Wolfes wird in diesem Märchen groß dargestellt, schickt er sie doch nur zu den Blumen, um sie nach der Großmutter fressen zu können.