In Bezug auf die Musik ist das auch gar nicht nötig. Was Orchester und Sänger unter der zwar keineswegs „historischen“, aber durchaus stilbewusst inspirierten Leitung des Mainzer Generalmusikdirektors Hermann Bäumer leisten, ist beachtlich. Bäumer und das Regieteam haben sich die überbordende Erstfassung von Händels Oper geschickt für ihre Zwecke zurechtarrangiert, das Staatsorchester und seine bemerkenswert spielfreudigen Solisten sind so subtil wie vital bei der Sache. Und die Stimmen sind „jung“ im besten Sinne: unverbraucht, impulsiv, dabei aber sehr kultiviert. Saem You bleibt als lyrisch einfühlsame Almirena im Ohr, Radoslava Vorgic als Zauberin Armida mit beachtlichem Forte-Strahl, und das charaktervoll herbe Timbre der Koloratursopranistin Jina Oh passt recht gut zur Soprankastraten-Partie des Rinaldo. Als Gast im Ensemble singt Michael Taylor den Kreuzfahrer-Führer Goffredo mit schlankem, edel timbriertem Countertenor.
Das vielleicht schönste Bild des Abends übrigens gelang beim Schlussapplaus: Da drängten sie sich beim Rückzug von der Rampe allesamt auf der viel zu kleinen Couch kuschelig aneinander, mit der Regisseurin als Mutter des jungen Ensembles inmitten, und alle waren selig, alles war gut.