Foto: Das Paradies in Schwetzingen mit Tina Josephine Jaeger (Eva) und Manuela Leonhartsberger (Satanael als Schlange) © Fernando Fath
Text:Andreas Falentin, am 3. Mai 2025
Bei den Schwetzinger SWR Festspielen versucht Komponist Mike Svoboda, Peter Hacks‘ Komödie „Adam und Eva“ als Oper neu zu schaffen. Andrea Moses‘ Inszenierung beeindruckt in grellen Bildern, das Ensemble des koproduzierenden Landestheaters Linz überzeugt. Es bleibt die Frage nach der Scharfstellung für unsere Zeit.
1972 hatte die Komödie „Adam und Eva“ von Peter Hacks Premiere am Staatsschauspiel Dresden. Es folgten viele Nachspiele in der Bundesrepublik Deutschland. Die vielen Pointen und Sottisen saßen, spießten die bekannte Konstellation satirisch auf, ohne blasphemisch zu sein. Die Eleganz der Sprachverwendung faszinierte, aber vieles war zeitgebunden, war Kritik des Dichters an der Entwicklung des Staates DDR und Kommentar zum Leben in seinem Land.
Einhörner und ein neues Ende
Als Auftragswerk der Schwetzinger SWR Festspiele hat nun Librettistin Anne-May Krüger versucht, Hacks Sprache für einen heutigen Text zu vereinfachen. Sie fügte Zeilen aus Miltons „Paradise Lost“ hinzu sowie zwei schwimmende Einhörner, hübsche Pausenzeichen als Hacks’sche Sprachblasen. Und sie änderte das Ende. Hier geht es nicht mehr um eine fast Hegel’sche Dialektik, die den Menschen vor allem Verantwortung aufbürdet oder zuschreibt, sondern um den Zugewinn von körperlicher Liebe und Herrschaft.
Mike Svoboda, der selbst als Dirigent am Pult des hr-Sinfonieorchesters steht, schrieb dafür eine feingliedrige, etwas einfarbige Musik, instrumentiert mit Klarinetten, Posaunen und Streichern, mit Akkordeon und Schlagwerk als Effektgeräte, elektronisch überformt etwa durch Stimmenüberlagerungen. Der Engel Gabriel etwa hat die Aufgabe, seine Koloraturen im Ensemble mit sieben Gabriels vom Band zu singen. Diese Musik ist ungeheuer facettenreich, zeigt dabei wenig Dynamik und dem Libretto folgend keine dramatischen Zusammenballungen.
Alles kreist um den Apfelbiss
Die Aufgabe für Regisseurin Andrea Moses war also schwierig, auch, weil man den Ablauf der Geschichte aus der Bibel kennt, wo alles nur um einen Apfel kreist. Am Anfang hilft Gott selbst. Er hat, ausgezeichnet gespielt von Sebastian Hufschmidt, nur zu sprechen und setzt seine Pointen genau. Auch der Chor ist irgendwie Gott. Alle sind in Laborkittel gekleidet, hinten in einem transparenten Kasten steht das Paradies als malerischer Felsblock mit Adam und Eva. Der gute Gabriel erscheint in Weiß, dann der böse Satanael in Schwarz, später Adam und Eva.
Andrea Moses gelingt es, das Geschehen in einem Fluss zu organisieren, der an Tempo zulegt. Allmählich werden die Bilder greller, chaotischer und plötzlich gerät die Bühne von Heike Vollmer unordentlich. Abfall liegt herum, die Videos von Sarah Derendinger werden bunter: eine chaotische Welt, Satanaels Welt, wo die Menschen Pelzmäntel tragen, Geld kennenlernen und rauchen, was von Hacks Werk aus gesehen etwas platt scheint, aber Anja Rabes‘ tollem Kostümdesign einen zusätzlichen Fantasieschub verschafft.
Die Uraufführung, koproduziert mit dem Landestheater Linz, gelang also, das Publikum klatschte eifrig, wenn auch nicht unbedingt begeistert. Was nicht am Chor und Orchester lag, beide vom Hessischen Rundfunk gestellt. Die Sänger – alle aus dem Linzer Ensemble – bewältigten diese Musik mit ihren Takt- und Tonartwechseln beeindruckend. Morgane Heyse (ein koloratursicherer Gabriel) und Manuela Leonhartsberger (ein sehr textverständlicher Mezzo-Satanael) brillierten stimmlich und fanden zu einer fesselnden Bühnenbeziehung. Eva (Tina Josephine Jaeger) und Adam (Alexander York) faszinierten vor allem durch stimmliche Klarheit. Und Génesis Beatriz López Da Silva und Felix Lodel waren sehr tief singende, überaus charmante Einhörner.
Bleibt die Frage, warum wir uns gerade heute mit einem alten Hacks-Stück beschäftigen. Wo ist die Scharfstellung für unsere Zeit? Andrea Moses hat die Binnenstrukturen dieser Komposition beherrscht. Um die Außenwirkung müssen sich jene kümmern, die „Adam und Eva“ nachspielen.